Der zerrissene Faden
Wie die arabische Welt ihre Juden verlor. 1947–1967
32,00 €
Weinstock zeichnet in der erscheinenden Studie die Geschichte der jüdischen Bevölkerungen in den aufeinanderfolgenden Imperien der arabischen Welt bis zu ihrer quasi vollständigen Vertreibung nach.
Beschreibung
Dass seit der Staatsgründung Israels nahezu die gesamte jüdische Bevölkerung der arabischen Welt, in der ihre Geschichte vielerorts Jahrtausende – und damit weit vor die Entstehung des Islams wie auch des Christentums – zurückreichte, binnen weniger Jahrzehnte vertrieben wurde, ist ein bis heute wenig besprochenes Kapitel der Geschichte des 20. Jahrhunderts. Das Schweigen, das diesen erzwungenen Massenexodus lange Zeit weltweit umgab, ist erst in den letzten Jahren allmählich gebrochen worden. Eine Reihe von Veröffentlichungen hat seither Licht auf den zentralen Aspekt der Geschichte der Juden unter islamischer Herrschaft geworfen: den Dhimmi-Status der nicht-muslimischen Minderheiten.
Eine dieser Arbeiten stellt das Buch Der zerrissene Faden. Wie die arabische Welt ihre Juden verlor von Nathan Weinstock dar. Der ça ira-Verlag legt mit diesem Werk die erste deutschsprachige Veröffentlichung des 1939 geborenen belgischen Historikers vor, seit 1975 sein Buch Das Ende Israels? bei Wagenbach als Übersetzung seines 1969 veröffentlichten Le Sionisme contre Israël erschien, von dem sich der Autor inzwischen distanziert und Neuauflagen untersagt hat. Darüber hinaus ist Weinstocks umfangreiches Werk, welches unter anderem Arbeiten zur jüdischen Arbeiterbewegung und kommentierte Übersetzungen aus dem Jiddischen und Hebräischen umfasst, im deutschsprachigen Raum bislang weitestgehend unbekannt. Dies nicht zuletzt auch deshalb, weil Weinstocks Distanzierung von seinem frühen Werk bislang behutsam beschwiegen und seine neueren Schriften nicht zur Kenntnis genommen worden sind.
Weinstock zeichnet in der erscheinenden Studie die Geschichte der jüdischen Bevölkerungen in den aufeinanderfolgenden Imperien der arabischen Welt bis zu ihrer quasi vollständigen Vertreibung nach. Der Autor belegt anhand zahlreicher Quellen, dass die beliebte Rede von der althergebrachten Harmonie zwischen Juden und Muslimen eine Schimäre ist. Die Erniedrigung und Unterdrückung der jüdischen Minderheiten wird in seiner detaillierten Darstellung vielmehr als das Produkt einer Jahrtausende währenden Wechselwirkung zwischen christlicher und islamischer Herrschaftssphäre erkennbar, in deren Geschichte der Import der Topoi des modernen Antisemitismus in den Orient lediglich das vorletzte Kapitel darstellt.
Die Originalausgabe des Textes ist 2008 zum ersten Mal auf Französisch erschienen. Im Jahr 2014 folgte die Übersetzung ins Hebräische. Mit dem vorliegenden Band liegt Weinstocks Arbeit, die von Joel Naber aus dem Französischen ins Deutsche übertragen wurde, zum ersten Mal in deutscher Sprache vor. Ergänzt wird die Edition um ein Nachwort von Tjark Kunstreich.
Inhalt
- Vorwort zur deutschen Ausgabe
- Einleitung: Die Leere
- I Die nicht-arabische islamische Welt
- Allgemeines
- Die Türkei
- Der Iran
- Afghanistan
- II Der Maghreb
- Allgemeines
- Libyen
- Tunesien
- Algerien
- Marokko
- III Ägypten
- IV Der Fruchtbare Halbmond
- Allgemeines
- Syrien
- Libanon
- Irak
- Die arabische Halbinsel
- Allgemeines
- Der Jemen
- Aden
- VI Das »Heilige Land« (Israel/Palästina)
- VII Die Entwurzelung und ihre Lektionen: Eine Logik des Ausschlusses
- Anhang
- Der Dhimmi-Status gemäß des Pakts des Omar
- Anmerkungen zum Thema der Dhimmitude
- Die Kontroverse bezüglich der Attentate von Baghdad (1950-1951)
- Die Protokolle der Weisen von Zion
- Zeittafel der Pogrome
- Bilanz in Zahlen des Exodus der Juden der arabischen Welt
- Nachwort von Tjark Kunstreich
- Literaturverzeichnis
- Danksagung von Nathan Weinstock zur Originalausgabe
- Anmerkung und Danksagung des Übersetzers
Um die Einkaufsfunktion nutzen zu können, müssen Sie JavaScript in Ihrem Browser aktivieren.
Verweise
- Französische Ausgabe (2008, Plon, vergriffen): Une si longue presence: comment le monde arabe a perdu ses juifs 1947-1967
- Link zur hebräischen Ausgabe (בבל ומשכל, 2014): נוכחות כה ארוכה: כיצד איבד העולם הערבי והמוסלמי את יהודיו
- Interview mit Nathan Weinstock: Trotskyist to ‘Mizrahi’ historian (English, Blog:Point of No Return: Jewish Refugees from Arab and Muslim Countries, 21. Februar 2008)
- Nathan Weinstock: Das Bekenntnis eines ehemaligen Antizionisten (L’Arche n° 579-580, Juli-August 2006, übersetzt und redigiert von Karl Pfeifer, erschienen auf Hagalil)
Rezensionen
- Leander F. Badura: Ein sehr labiles Miteinander (Der Tagesspiegel, 18. Dezember 2019)
- Franz Sz. Horváth: Wer zerriss die Fäden? Nathan Weinstock über den Untergang des Judentums in der arabischen Welt (literaturkritik.de, 2. Dezember 2019)
- Elvira Grözinger: Die jüdischen Flüchtlinge aus den muslimischen Ländern (Weltexpresso, 1. Dezember 2019)
- Armin Pfahl-Traughber: Wie die arabische Welt ihre Juden verlor (Hagalil, 30. Oktober 2019)
- Karl Pfeifer: Wie die arabische Welt ihre Juden verlor (Jüdische Rundschau, Oktober 2019)
- Martin Gehlen: Jüdisches Leben: Geschichte der Entrechtung (Frankfurter Rundschau, 5. September 2019)
- Lyn Julius: Une si longue presence: comment le monde arabe a perdu ses juifs 1947-1967 (Englisch, Dissent Magazine, Winter 2008)
- Véronique Chemla: «Une si longue présence. Comment le monde arabe a perdu ses Juifs 1947-1967» par Nathan Weinstock (Französisch, Le Monde, 3. Februar 2015)
- Maurice-Ruben Hayoun: Nathan Weinstock, Une si longue présence: comment le monde arabe a perdu ses juifs (1947-1967) (Französisch, Les Blogs, en partenariat avec la Tribune de Genève, 8. Mai 2008)
Weitere Titel
-
Der Geist des Widerstands
Politische Interventionen. 1943–1983
Januar 2025, 256 Seiten, ISBN: 978-3-86259-191-6Herausgegeben von Françoise Schwab. Mit Beiträgen von Jean-Marie Brohm und Jean-François Rey. Aus dem Französischen von Joscha Sörös | Französische Broschur28,00 €In seinem Heimatland Frankreich gilt Vladimir Jankélévitch (1903–1985), Sohn jüdisch-russischer Einwanderer, schon lange als einer der zentralen Philosophen des 20.…
-
Adolf Hitler, Schüler der »Weisen von Zion«
Herbst 2011, 328 Seiten, ISBN: 978-3-86259-103-9Herausgegeben und kontextualisiert von Lynn Ciminski und Martin Schmitt. Mit einem Geleitwort von Hanna Papanek.29,00 €Hannah Arendt über dieses Buch: Die wiederholten Nachweise, daß es sich bei den Protokollen um eine Fälschung handelt, wie auch…
-
Vom Antizionismus zum Antisemitismus
1992, 160 Seiten, ISBN: 978-3-924627-31-74. Auflage 2018 | Aus dem Französischen von Franziska Sick, Elfriede Müller und Michael T. Koltan23,00 €Dieses Pamphlet Léon Poliakovs, des Autors der achtbändigen »Geschichte des Antisemitismus«, beschreibt die Karriere des Antizionismus seit Lenin.
-
Antisemitismus – die deutsche Normalität
Geschichte und Wirkungsweise des Vernichtungswahns
2001, 296 Seiten, ISBN: 978-3-924627-69-026,00 €»Die konkrete deutsche Tat Auschwitz ist in ihrer Singularität zu begreifen, ohne das Band zur bürgerlichen Kälte und zur Totalität…
-
Von Moskau nach Beirut
Essay über die Desinformation
Dezember 2022, 224 Seiten, ISBN: 978-3-86259-181-7Derzeit nicht lieferbar, Auflage vergriffen, Nachdruck in Vorbereitung | Herausgegeben und aus dem Französischen übersetzt von Alex Carstiuc und Miriam Mettler | Französisch Broschur26,00 €Im Sommer 2022 jährte sich der Libanonkrieg zum 40. Mal: 1982 rief Israels Libanon-Offensive heftige Reaktionen in der westlichen Öffentlichkeit…
-
Die Protokolle der Weisen von Zion kritisch beleuchtet
Eine Erledigung (1924)
Dezember 2017, 520 Seiten, ISBN: 978-3-86259-123-7Hrsg. v. Franziska Krah31,00 €»Ich habe in der Legende der Weisen von Zion nie etwas anderes sehen können als eine phantastische Ausgeburt maniakalischen Judenhasses,…
-
Die jüdische Kriegsfront
Deutschsprachige Erstausgabe
Juli 2021, 256 Seiten, ISBN: 978-3-86259-173-2Aus dem Englischen von Lars Fischer | Herausgegeben von Renate Göllner, Anselm Meyer und Gerhard Scheit28,00 €Dieses 1940, kurz nach dem Tod des Autors, erschienene Buch, das nicht zuletzt ausführliche Entwürfe für die Verfassung des zu gründenden zionistischen Staats enthält, ist die letzte Momentaufnahme des Zionismus vor der Shoah.