Florian Ruttner

Pangermanismus

Edvard Beneš und die Kritik des Nationalsozialismus

Oktober 2019, 404 Seiten, ISBN: 978-3-86259-147-3

28,00 

Benešs Kritik am völkischen Pangermanismus ermöglichte es ihm, die Destruktivkräfte des deutschen Nationalsozialismus schon früh zu erkennen und auch zu sehen, wie sich dieser von anderen autoritären Herrschaftsformen wie dem italienischen Faschismus im Staatsverständnis unterscheidet.

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Beschreibung

Das vorherrschende Bild von Edvard Beneš, dem langjährigen Außenminister und zweiten Präsidenten der Tschechoslowakischen Republik, ist ein düsteres. Er gilt zuweilen als engstirniger Nationalist, unzeitgemäß, manchmal gar als Plagiator Adolf Hitlers. Ein solches Bild kann dann entzerrt und gewissermaßen versachlicht werden, wenn Benešs Kritik an deutscher Ideologie zur Darstellung gebracht wird. Das vorliegende Buch, das sich auch auf bislang unveröffentlichte tschechische Quellen stützt, leistet hierzu einen Beitrag.

Beneš vertrat einen westlichen Staatsbegriff, der sich am Individuum orientierte und hielt auch dann noch an diesem fest – und war nur insofern unzeitgemäß – als die Idee einer Moderne, die auf dem Gedanken beruht, eine wie auch immer vernünftig gestaltbare Welt einzurichten, durch autoritäre und völkische Bewegungen ins Wanken geriet.

Benešs Kritik am völkischen Pangermanismus ermöglichte es ihm, die Destruktivkräfte des deutschen Nationalsozialismus schon früh zu erkennen und auch zu sehen, wie sich dieser von anderen autoritären Herrschaftsformen wie dem italienischen Faschismus im Staatsverständnis unterscheidet. Diese Einsichten gewann Beneš im Kampf mit diesen Systemen.

Schließlich kommt er, obgleich nicht nur Theoretiker, sondern auch Politiker, zu ganz ähnlichen Einschätzungen über den Nationalsozialismus und Faschismus wie Franz Neumann und Hannah Arendt.

Aufgrund seiner Einschätzung des Nationalsozialismus als völkische Massenbewegung verabschiedete sich Beneš auch von besonders im deutschen Exil verbreiteten Vorstellungen, dass in Großdeutschland geknechtete Massen nur auf eine gute Gelegenheit warteten, um sich vom Joch der Partei zu befreien. Selbst in weiten Teilen des sudentendeutschen Exils waren völkische Vorstellungen verbreitet, was Beneš vehement kritisierte.

Doch schließlich wird auch die Grenze der Einschätzungen Benešs ausgelotet, hat er bei aller theoretischen und praktischen Ablehnung des Antisemitismus keinen Begriff desselben entwickelt.

Vorläufiges aus dem Inhalt

  • Einleitung
  • Die westliche Nationalstaatskonzeption Benešs und der völkische Staat
    • Die Kritik an Beneš
    • Westlicher und völkischer Staat
  • Der Begriff des Pangermanismus und die Kritik am Nationalsozialismus
    • Zum Begriff des Pangermanismus
      • Die Grenzgebiete als Wiege des Nationalsozialismus
      • Pangermanismus und völkischer Nationalismus
    • Die Kritik des Pangermanismus bei Masaryk und Beneš im und nach dem Ersten Weltkrieg
      • Masaryk: Der Pangermanismus als Titanismus und Größenwahn
      • Beneš: Der Pangermanismus als Gegner des westlichen Staatsgedankens
    • Die Einschätzung des Nationalsozialismus und anderer autoritärer Strömungen in der Zwischenkriegszeit
      • Autoritäre Bewegungen als neues europäisches Phänomen
      • Die Krise als gesamtgesellschaftliches Problem
      • Die Krise der Demokratie und der Kampf mit autoritären Regimen
      • Das Ernstnehmen des ideologischen Moments
    • Benešs Unterscheidung zwischen Nationalsozialismus und Faschismus in Demokratie heute und morgen
      • Die Unterscheidung zwischen autoritärem System und Demokratie
      • Der Faschismus als relativistische Revolte gegen die Aufklärung
      • Der faschistische Autoritätsbegriff: Kollektivismus durch Internalisierung der staatlichen Herrschaft
      • Der Nationalsozialismus als höchstes Stadium des Pangermanismus
      • Der Staat als bloßes Instrument im Nationalsozialismus
  • Wenzel Jaksch, Edvard Beneš, das Exil und die Deutschen
    • Jaksch, der Demokrat und Beneš, der Chauvinist?
    • Die deutschböhmische Sozialdemokratie und der Nationalismus
      • Frühe nationalistische und völkische Einflüsse
      • Die Erste Republik und das Aufkommen des Volkssozialismus
    • Jakschs »Volk und Arbeiter«: Volkssozialismus und Nationalismus
    • Richard Löwenthals Kritik am Volkssozialismus
    • Curt Geyers Kritik am Volkssozialismus
    • Die Positionen von Jaksch und Beneš zu Beginn des Exils
    • Die Abspaltung der Zinnergruppe
      • Kritik an Jaksch im Exil
      • Die Volksgemeinschaft im Gau Sudetenland
      • Mit der Volksgemeinschaft gegen Hitler: Jaksch und der Widerstand
    • Die Nazis oder die Deutschen?
  • Die Kritik des Antisemitsmus bei Masaryk und Beneš
  • Schlussbemerkungen
  • Anhang
    • Literaturverzeichnis
    • Fremdsprachige Zitate im Original
  • Danksagung

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