Initiative Sozialistisches Forum – Goldhagen und die Krise des wissenschaftlichen Denkens * Leseprobe aus: ISF, Konzept Materialismus

Goldhagen und die Krise des wissenschaftlichen Denkens

Initiative Sozialistisches Forum

Wissenschaftlichkeit und Kritik

Auf den ersten Blick machen Ulrike Becker, Matthias Küntzel u.a., die Autoren des Buches Goldhagen und die deutsche Linke, oder: Die Gegenwart des Holocaust (Berlin 1997) dem Namen, unter dem sie firmieren: antinationales Büro, alle Ehre. In der Goldhagen-Rezeption in Deutschland entdecken sie das Spiegelspiel, in dem sich die Deutschen auch in ihren schärfsten Auseinandersetzungen auf das Vortrefflichste ergänzen und in all ihrer Gegensätzlichkeit vollkommen einer Meinung sind. Die, die Goldhagen verdammten, vereinte mit denen, die ihn bejubelten, das gemeinsame Geschäft der Ehrenrettung Deutschlands, das heißt der Wille, die Verbrechen von Auschwitz nicht als das die Kontinuität des Deutsch-Seins stiftende Konstituens wahrhaben zu wollen. Die Autoren weisen darüber hinaus unmißverständlich darauf hin, daß sich dieser Wille zur Unwahrheit beileibe nicht nur hier zeigt: auch die Befürworter der Wehrmachtsausstellung einte mit denen, die sie anpöbelten, ein allseits akzeptiertes Allgemeines als Basis, auf der links und rechts, junge (68er-) und alte (Kriegs-) Generation sich ihr notorisch gutes Gewissen erhalten können. Das gleiche gilt natürlich für die gegensätzlichen Reaktionen auf die aktuellen rassistischen und antisemitischen Verbrechen. Als grundlegender Konsens gilt: alles ist erlaubt – nur das eine darf man nicht: auch die “guten Deutschen” für die Verbrechen, die im Namen Deutschlands ausgeübt worden sind und ausgeübt werden, mitverantwortlich machen. Ein gelungenes Buch also?

Man will sich als Deutscher fühlen dürfen, aber nicht daran erinnert werden, was “Deutsch-Sein” historisch bedeutet. Gerade die deutsche akademisierte Linke will sich ihr Allerheiligstes nicht nehmen, nicht in den Dreck ziehen lassen, und schreit deshalb – so emotional konsequent wie logisch widersinnig – Zeter und Mordio (oder, wissenschaftlich: “unzulässige Verallgemeinerung”), wenn jemand kommt und ausspricht, was jeder weiß: daß die bisher größten Verbrechen der Menschheitsgeschichte von Deutschen geplant und ausgeführt wurden – und daß darin, und nirgend sonst, die Deutschen – also alle zusammen, die Lebenden wie die Toten – einmalig sind. Ebenso unleugbar wie diese Tatsache ist die, daß es kaum einen Deutschen gibt, der diese Verbrechen zum Anlaß genommen hätte, sich von seinem Deutsch-Sein zu distanzieren. (Sie distanzierten sich von den lsquo;Terroristen‘ der RAF, unisono. Dies deshalb so einhellig rechts wie links, um weiterhin die gemeinsame Leiche im Keller verstecken zu können.)

Was jedem Stammtischbewußtsein ebenso selbstverständlich ist, wie der Rechtsprechung: nämlich daß der Angehörige einer Verbrecherbande unabhängig von seinen konkreten Tatbeiträgen sich die im Namen dieser Bande begangenen Taten zurechnen lassen muß – diese einfache und klare Moral der Sache selbst sollte in Deutschland nach ‘45 nicht mehr gelten. (Gilt dagegen umgekehrt ein sich als Identifikationsobjekt anbietender Verein dem allgemeinen Bewußtsein nicht als Verbrecherbande, sondern als lsquo;erfolgreiche‘ Gemeinschaft, dann will jedes Mitglied sich deren Taten gern zurechnen lassen.) Im genauen Maße, in dem sich die Deutschen zu Nazis vereinigt hatten, beteiligten sie sich nach ‘45 an der Anstrengung, das Klare und Eindeutige in einem Nebel ideologischer Verdrehungen verschwinden zu lassen. Die Aufarbeitung der Rezeption Goldhagens durch das Autorenkollektiv läßt diesen Befund deutlich hervortreten. Ihr Buch könnte als ebenso gelungen bezeichnet werden wie das Goldhagens – wenn es nicht in einem entscheidenden Punkt hinter es zurückfallen würde.

2.

Goldhagen stellt wirklichkeitsgetreu dar, was passiert ist. Um zu erklären, warum es so passiert ist, (d.h. “warum der Holocaust gerade und nur von Deutschland aus organisiert worden ist”), liefert er als einzigen, aber vollkommen hinreichenden Grund (wobei man die anderen Gründe, die er auch anführt, wenn es sich nicht um Konkretionen dieses einen Grundes handelt, getrost vergessen kann): die Deutschen wollten genau das tun, was sie getan haben. Dieser Erklärung widerspricht keine einzige empirische Tatsache – und keinem der auf ihr Quellen- und Aktenstudium so versessenen Historiker ist es bisher gelungen, diesen Grund zu entkräften. Erklärung und Darstellung der Fakten stimmen bruchlos überein: Goldhagen liefert also ein wissenschaftstheoretisch vollkommen überzeugendes Forschungsresultat. Gerade das aber, so seltsam es klingt, ist der tiefere Grund, warum sich die Historiker so vehement gegen Goldhagen ereifert haben.

Dieser Grund reicht so tief in das gesellschaftliche Denken hinein, daß auch die psychologischen, soziologischen und politologischen Erklärungsmuster der Autoren von ihm durchdrungen sind. Insofern ihre Analyse sich innerhalb der wissenschaftlichen Rationalität bewegt, hat sie teil an der Reduktion der Wirklichkeit auf die Form Wissenschaft, hat sie teil an dem Übel, das für diese Denkform konstitutiv ist. Wo Becker u.a. meinen, Goldhagen hätte nicht alles gesagt, was Wissenschaft zu sagen ist, wo sie “weiteren Forschungsbedarf” ausmachen (und dies gerade darin, die Besonderheit der Deutschen, echt strukturalistisch, “unter dem Aspekt von Kontinuität und Diskontinuität systematisch analysieren” zu wollen.), wo sie Goldhagen darin kritisieren, “bei seiner Bestimmung des spezifisch deutschen Antisemitismus fast ausschließlich Aspekte (hervorzuheben), die den modernen Antisemitismus im Allgemeinen beschreiben”, dort fallen sie hinter seine Wahrheit zurück – und stimmen in den Chor der von ihnen so rigoros kritisierten linken Goldhagen- Kritiker ein.

Goldhagens Faszination von sich selbst, von der Schlüssigkeit seiner Analyse, sollte ernst genommen werden: er ist von seiner These so fasziniert (hält sie also nicht für eine banale, evidente Selbstverständlichkeit), weil er selbst nicht weiß, warum sich seine lsquo;Erklärung‘ von Auschwitz über die seiner Kollegen erhebt. Auch er begreift sich als Historiker, und sieht deshalb nicht, daß er das Ende dieser Wissenschaft erreicht hat – ein Resultat, das das wissenschaftliche Denken selbst als integrales Moment des Kapitals erweist. Er versteht nicht, was seine Kollegen davon abhält, mit ihm zusammen von seinen Ergebnissen fasziniert zu sein. Nicht, wie man – mit Goldhagen – vermuten könnte, wissenschaftlicher Neid oder gar intellektuelles Unvermögen sind es, die ihm die Anerkennung versagen, sondern das unter den Historikern aller Couleur grassierende Gefühl, daß Goldhagen gegen einen konstitutiven Grundsatz ihrer wissenschaftlichen Gemeinschaft verstoßen hat. Goldhagen hat tatsächlich – auch wenn dies offen keiner sagt – gegen eine Maxime wissenschaftlichen Denkens verstoßen, und dieser Verstoß ist die Grundlage dafür, daß er sich, von deutscher Seite besonders, dem Vorwurf wissenschaftlicher Naivität bzw. kruder Unwissenschaftlichkeit ausgesetzt sieht.

3.

Wissenschaftliches Denken bewegt sich in einer unauflöslichen Antinomie: Inhaltlich angetreten, die allgemeinen Gesetzmäßigkeiten der Natur für den Menschen zu instrumentalisieren und so den Menschen aus seiner Abhängigkeit und Unmündigkeit gegenüber seiner äußeren wie inneren Natur zu befreien, muß dieses Prinzip, seiner Form gemäß, spätestens dann in sein Gegenteil umschlagen, sobald der Mensch selbst zum Gegenstand der Untersuchung wird. Denn entweder ist der Mensch von den Gesetzen der Natur prinzipiell frei: nur dann kann er über sie verfügen, sie für sich instrumentalisieren, und dann und nur dann ist er für sein Tun auch verantwortlich. Oder aber er ist selbst Teil dieser Naturgesetzlichkeit – dann aber ist der Mensch in letzter Inst anz (d.h. wenn die Wissenschaft ihr Programm erfüllt hat) nichts anderes als der Pawlowsche Hund und mit freier Verfügbarkeit, mit Verantwortlichkeit, Freiheit usw. ist es vorbei.

Wissenschaftliche Denkform – darin eingeschlossen gerade auch das mathematische und naturwissenschaftliche Denken – basiert auf einer rein geistigen, dementsprechend willkürlichen Konstruktion; dieser verdankt sie all ihre Erkenntnisse: sie konstruiert eine strikte Trennung von Geist und Welt, Subjekt und Objekt, Mensch und Natur. Jede Reflexion auf diese Trennung ergibt aber sofort: diese hat keinen objektiven, in der Sache selbst liegenden Grund. Man kann nicht entscheiden, ob die Natur den Geist gebiert oder umgekehrt. Und daß der Mensch kein integraler Bestandteil der Natur sein soll, scheint eine höchst zweifelhafte Voraussetzung zu sein. Dieses Problem wird, anstatt ihm auf den materialen Grund zu gehen, in der Wissenschaft immer gleich lsquo;gelöst‘, und zwar so: in der Forschungspraxis trennt man zwanglos zwischen sich selbst (dem Forscher) und seinem Gegenstand (was immer dieser sei: Mensch, Natur, Gesellschaft, Individuum, Körper, Zelle etc.). In der Darstellung der Resultate aber tut man so, als sei diese Trennung gar nicht präsent und nie unterstellt worden. Im Ergebnis wird der Mensch also als Teil einer vollkommen geistlosen Natur begriffen; hier erscheint er nicht mehr als verkörperter Geist, dessen willkürlichen Trennungen sich die Allgemeingültigkeit wissenschaftlicher Erkenntnisse erst verdankt.

Um das logische Problem zu lösen, wie sich die Allgemeingültigkeit von Erkenntnissen subjektiver Willkür verdanken kann, verfährt die Wissenschaft so pragmatisch wie jeder Normalbürger (die Pragmatik ist schließlich die Logik, in der sich die wissenschaftliche Denkform seit je bewegt): was kümmert mich die Logik, wenn ich mit dem, was ich tue, lsquo;Erfolg‘ habe. (Im Zweifelsfall ist dann immer die Logik, also die Theorie falsch; oder anders: nur der Bankräuber, der erwischt wird, bekommt theoretische Probleme mit seiner Praxis, das heißt hier: Gewissensbisse.) Die Wissenschaft stellt die Wirklichkeit dar, als ließe sie sich erkennen, ohne daß in dieser Erkenntnis der individuelle Wille, also das kontingente persönliche Bewußtsein die alles entscheidende Rolle spiele. Individuelle Verantwortlichkeit und Wissenschaftlichkeit schließen sich per se aus: wissenschaftlich gesehen kann man den freien Willen Eichmanns so wenig für Auschwitz verantwortlich machen wie den Nachrichtensprecher für die von ihm verlesenen Nachrichten. (Die Justiz der BRD hat sich, als es um die lsquo;Aufarbeitung der Vergangenheit‘ ging, äußerst bereitwillig diesem wissenschaftlichen Denksystem unterworfen: und deshalb folgen ihre Urteile genau diesem in der Wissenschaft angelegten Programm, und das gibt ihren Urteilen eine objektive Rechtfertigung. Daß es nicht durch die Bank zu Freisprüchen gekommen ist, dürfte nichts weiter als eine lsquo;Konzession an das Ausland‘ gewesen sein.)

Eine Wirklichkeit dagegen, deren Konstitution von freien Entscheidungen (sei es der Menschen, sei es der Götter) abhängig ist, entzieht sich einer Subsumtion unter allgemeine Gesetze, entzieht sich erst recht der Erfassung in einer konstanten Struktur; entzieht sich somit dem wissenschaftlichen Denken. Eine konsequent wissenschaftliche Darstellung des Nationalsozialismus kann in ihm nur allgemeine, von individueller Freiheit und Verantwortlichkeit unabhängige Prozesse entdecken; nur solche – auf allgemeine Geltung zielende – Vorgänge kann sie als rational akzeptieren. (Man vergleiche nur die von Goldhagen eingeführte Trennung eines lsquo;normalen‘ von einem eliminatorischen Antisemitismus: das ist die Sprache, die die Wissenschaft versteht, eine Sprache allerdings, die von der Sache selbst: der individuellen Verantwortlichkeit eines jeden Deutschen, auch wieder wegführt.) Sie muß den Nationalsozialismus in letzter Konsequenz als historische Erscheinungsform abstrakter Gesetzmäßigkeiten darstellen, auf die der freie Wille einzelner Mensch keinen Einfluß gehabt hat.

Der menschliche Geist erscheint in der Wissenschaft als bloßes Epiphänomen struktureller, oder was in diesem Fall dasselbe ist: anthropologischer bzw. gar neurophysiologischer Gesetzmäßigkeiten. So muß Wissenschaft, will sie ihrem Begriff gerecht werden, von genau dem Phänomen abstrahieren, das Goldhagen als den wahren Grund der deutschen Vernichtungsmaschinerie ausgemacht hat: von der verallgemeinerten Zustimmung all derjenigen Deutschen zur Vernichtung der Juden, die ihr Deutsch-Sein als die Inkarnation ihrer Besonderheit begriffen und damit die Politik derer legitimierten, die im Namen Deutschlands die Juden zur Vernichtung freigaben; einer Vernichtung, in der sich sowohl die deutsche Pedanterie als auch die damit psychoanalytisch unauflösbar gekoppelte Lust an deren Spiegelbild: die sadistische Demütigung des zur Vernichtung freigegebenen Menschen, befriedigen konnte. Indem Goldhagen diese Dimension in die Wissenschaft hineinholen wollte, hat er, ohne es wirklich zu wollen, ein wissenschaftliches Tabu gebrochen.

Bei diesem Tabu geht es nicht um ein Tabu in der Darstellung: Wenn etwa Götz Aly damit zitiert wird, daß er natürlich auch die Dokumente kenne, die Goldhagen verwertet, diese ihn jedoch “sprachlos” gemacht hätten, dann ehrt ihn das: kann sich doch in dieser Sprachlosigkeit die Widerwärtigkeit der Verbrechen Ausdruck verschaffen. (Dieses Schweigen drückt selbstredend auch die Verstricktheit mit den Henkern aus: es handelt dabei demnach um einen Akt der Selbsterkenntnis, um einen Akt, von dem die Autoren in gut deutscher Manier glauben, ihn nicht mehr nötig zu haben, sobald sie im Hause des Henkers “über den lsquo;Strick‘ reden”.) Indem Aly aber über den Nationalsozialismus das schreibt, was er schreibt, und so darüber schreibt, wie er schreibt: nämlich streng wissenschaftlich, nimmt er die in diesem Schweigen enthaltene Erkenntnis wieder zurück – genau dies hat er in der Vergangenheit in seinen Arbeiten stets getan.

Um das Problem, dem Unaussprechlichen einen angemessenen Ausdruck verschaffen zu müssen, geht es hier also nicht, sondern um ein Tabu, das das wissenschaftliche Denken – auch unabhängig von Auschwitz – insgesamt betrifft.

4.

Eine sadistische Disposition ist Voraussetzung tatsächlich sadistischen Handelns – dies ist so platt und banal, wie es logisch korrekt ist. Selbst wenn Sadismus nicht ein allgemein menschliches Phänomen sein sollte, also nur die Disposition einiger Menschen: solche Dispositive können nie leisten, was sie im wissenschaftlichen Denken zu leisten beanspruchen, nämlich erklären zu können, warum ein Mensch wann und unter welchen Umständen tatsächlich so handelt, wie er es tut. Noch weniger als eine solche Disposition oder gar eine natürliche Veranlagung taugt aber der hier zur Debatte stehende Begriff der nationalen Identität zur Begründung eines tatsächlichen Verhaltens. Denn hierbei handelt es sich um einen rein gesellschaftlichen, d.h.: rein abstrakten, geistigen Begriff, dem auch nicht ein Gramm Naturstoff eignet.

Allein die Tatsache, daß niemand anders als Deutsche den Sadismus in Einheit mit industrieller Organisation haben praktisch werden lassen, ist hier von Bedeutung. Es ist dies eine Tatsache für sich, die einer weiteren Untersuchung (wie von den Autoren gefordert: “Es fehlt ihm (Goldhagen) die Methode (!) dafür, die antisemitische Personifizierung der Juden mit dem Kapitalismus zu benennen und mit der spezifischen lsquo;deutschen Identität‘ zu verbinden.”) nicht nur nicht bedarf: vielmehr führt eine derartige Untersuchung allein dazu, die bei Goldhagen ans Tageslicht gekommene Wahrheit wieder zu verdecken. Für die Feststellung der Bedeutung dieser Tatsache bedarf es auch der “Materialfülle” Goldhagens überhaupt nicht. Denn nicht die von ihm dargestellten Ereignisse sind es, die eine These verifizieren (daß es sich bei der Thesenbildung in der Wissenschaft immer so herum ver hält und nie andersherum, wie die Empiriker glauben machen wollen, weiß sogar der Kritische Rationalismus) – umgekehrt: die Ausgangsthese von Goldhagen ist so klar und eindeutig, also in sich lsquo;wahr‘, daß die von ihm herangezogenen Belege und Beispiele sie nur illustrieren können. Deren Auswahl und Darstellungsform ist demnach vollkommen beliebig und trägt zur Wahrheit der These selbst weiter nichts bei – da mag Goldhagen sich noch so bemühen, dies anders darzustellen, d.h. sich als Empirist auszugeben: er ist keiner. (Und darin haben seine empiristischen Kritiker einfach recht.)

Becker, Küntzel u.a. affirmieren jedoch gerade Goldhagens Selbsteinschätzung, empiristisch verfahren zu sein. Ihnen sind die Folgerungen, die er aus seinen Quellen theoretisch zu ziehen vorgibt, nicht geheuer. Sie wollen aus der von ihm vorgelegten “unerschöpflichen Menge an Material” erst noch eine Theorie eruieren – die Theorie, die sie bei Goldhagen vermissen. In scheinbarer Generosität, in Wirklichkeit aber als Folge ihres dezisionistischen, d.h. wissenschaftlichen Theoriebegriffes, kreiden sie dabei Goldhagen gar nicht erst an, daß er sein Material nicht mit einer kapitalismuskritischen Theorie verknüpft habe: denn von einem explizit sich als bürgerlich verstehenden Wissenschaftler – einem “Idealisten” – könne man das schlechterdings nicht verlangen. (Schon mit dieser Unterscheidung zwischen einer bürgerlichen und einer lsquo;linken‘, lsquo;kritischen‘ Wissenschaft verorten sich Becker, Küntzel u.a. mitten im Denken der von ihnen doch sonst so kritisierten traditionellen Linken..) Die Autoren dagegen verstehen sich als Kritiker des Kapitals und meinen deshalb nach einer anderen Erklärung für die Besonderheit der deutschen Geschichte suchen zu müssen als der, die Goldhagen liefert, nach einer Erklärung, die sowohl ihrer linken, also einer parteilichen Wertentscheidung entspringenden Grundhaltung, als auch ihrem empiristischen Wissenschaftsanspruch genügen soll. Ausgehend von den Fakten – und mittels einer Objektivität verbürgenden Methodik – wollen sie so “dazu beitragen”, eine allgemeine Theorie zu entfalten, die mit den Fakten übereinstimmt, und die im Ergebnis “besser” als Goldhagen “erklären” kann, warum gerade Deutsche den Antisemitismus haben praktisch werden lassen. Der lsquo;wissenschaftliche Sozialismus‘ läßt grüßen: bewaffnet mit der lsquo;richtigen Theorie‘ will man den Klassenfeind auf seinem eigenen Felde schlagen, indem man die Objektivität der Sache selbst besser darzustellen vermag. So wenig aber der Kommunismus darin bestehen kann, das Wertgesetz lsquo;richtig‘ anzuwenden, so wenig kann die Kritik das wissenschaftliche Denken für sich instrumentalisieren, ohne sich selbst, d.h. die Kritik, aufzugeben.

5.

Im Gegensatz zu der schlichten, theoretisch nicht weiter auflösbaren Tatsache, daß es Deutsche waren, die die Juden der Vernichtung preisgaben, und Deutsche, die diese Vernichtung vollzogen, steht das Bemühen der Historikerzunft, in diese Einheit von allgemeiner (Deutsch-Sein) und besonderer (Deutscher sein) Disposition Differenzierungen einzuschieben, die darauf hinauslaufen, den Anteil, den die individuelle Zustimmung des Individuums am Zustandekommen der gesellschaftlichen Handlungen hat, zu reduzieren und so die empirischen Subjekte zu einer quantité négliable werden zu lassen. Dies wird von den Autoren zwar denunziert: “Gerade in Deutschland ist die Tendenz verankert, die individuelle Verantwortung zu verleugnen, wozu auch materialistische Theorie mißbraucht werden kann.” Dem aber stellen sie einen Satz gegenüber, dessen Problematik ihnen verborgen bleibt: “Auch wenn sich das Wertgesetz hinter dem Rücken des Individuums durchsetzt, kann Marx‘ Theorie nicht so verstanden werden, als ob die Menschen von der Verantwortung für ihr Tun freigesprochen würden.” Ja, was denn nun? Wie kann jemand für etwas verantwortlich sein, von dem er nichts weiß – denn es setzt sich ja “hinter seinem Rücken” durch? Was also hat das eine: die Verantwortung, mit dem anderen zu tun: mit dem Wertgesetz?

Was die Autoren hier mit Marx machen, entspricht dem, was die Wissenschaft generell mit dem Menschen macht: man trennt Subjekt und Objekt – um in der Folge vom Subjekt nur noch in der Form von Objektivität zu reden. Die Meinungen, Interessen und Werthaltungen, vor allem aber die Verantwortlichkeit werden so zu objektiven, verallgemeinerten Tatbeständen. Die konkrete Verantwortlichkeit eines Individuums für seine lsquo;persönliche’ Meinung etwa geht den Wissenschaftler nichts an. So sehr sich jeder Wissenschaftler als Humanist versteht, so sehr er sich allein der Vernunft verpflichtet fühlt, so stellt sich im Resultat seiner Forschungen dennoch immer wieder heraus, daß seiner Rede über das Subjekt auf einmal der Mensch abhanden gekommen ist; zwangsläufig: denn diese lsquo;Subjektivität‘ (solange sie den Einzelnen tatsächlich impliziert) ist – da kontingent – wissenschaftlich nicht instrumentalisierbar. So wie sich im Warentausch alles um die konkreten, ihrer Natur nach völlig beliebigen Bedürfnisse dreht – sich im Resultat, “hinter ihrem Rücken” (Marx), aber dennoch alles allein um den Tauschwert gedreht hat, genauso verhält es sich mit dem Zusammenhang von Verantwortlichkeit und Wissenschaftlichkeit. Dabei wird über diese Antinomie in der Wissenschaft oft genug und sehr viel geredet, so wie in den Wissenschaften von der Ökonomie ja beständig über den Gegensatz von konkreter Nützlichkeit und abstraktem Funktionieren die Rede ist: aber die materiale Grundlage, auf der diese Antinomie funktioniert, bleibt aller Wissenschaft ein Buch mit sieben Siegeln und das Geheimnis, das kein Wissenschaftler wirklich lösen will – denn dann drohte die Verflochtenheit seiner Denkform mit dem Widersinn des Kapitals zutage zu treten.

Auch ohne Reflexion auf die metaphysische Grundlage der Wissenschaft kann festgestellt werden: In dem Moment, in dem sich jemand als Mitglied der scientific community begreift (das kann er nur mit Bewußtsein), hat er seine Zustimmung zu diesem antinomischen Verfahren der Wirklichkeitserkenntnis gegeben. Und dies in der gleichen Weise, wie der Wähler, der, egal, ob er CDU oder SPD wählt, im Akt der Wahl der gegebenen politökonomischen Ordnung Deutschlands automatisch und freiwillig seine Zustimmung gegeben hat. Jeder Wissenschaftler verpflichtet sich somit bewußt und freiwillig gedanklich zu einer Herrschaftsordnung, die den Menschen und seine Potenz zur Freiheit, auf den Status Pawlowscher Hunde reduzieren muß. Schon wenn Wissenschaftler von lsquo;Motiven‘ reden (wie die Intentionalisten unter den Historikern – und, wie der Behavorismus zeigt: gerade diejenigen, die Empirismus in seiner reinsten Form treiben und denen allein die tatsächliche Praxis des Menschen Gegenstand der Untersuchung sein soll, abstrahieren am radikalsten von der Freiheit und Verantwortung des Individuums), dann reden sie von einem Allgemeinen, das der individuellen Verfügungsgewalt entzogen ist. Ein Motiv bestimmt schließlich die ihm folgende Tat – erklärt und begründet sie, macht sie verständlich – und abstrahiert davon, daß der Täter schlicht tat, was er tun wollte. Es ist das Geschäft der Geschichtswissenschaft, die Entscheidungen und Handlungen des konkreten Menschen in Abhängigkeit von abstrakten Verallgemeinerungen zu bringen, die ihrem konkreten Wollen übergeordnet sind, denen sie sich zu beugen, denen sie sich anzupassen hatten: dem Nutzen, dem Interesse, den Leidenschaften, dem Machtstreben, den Umwelteinflüssen – dem Führer. (Juristisch ausgedrückt: Befehlsnotstand. Natürlich ist nicht Jeder, der wissenschaftlich denkt, im juristischen Sinne verantwortlich für das tatsächliche Handeln einzelner Wissenschaftler. Aber er ist verantwortlich dafür, wie die Wissenschaft Realität konstituiert, denn er will die Realität so ansehen, wie die w issenschaftliche Denkform es vorgibt.)

Exkurs: Max Webers Grundlegung der Soziologie

1.

Der für die wissenschaftliche Denkform konstitutiven Antinomie wegen bleibt es nicht aus, daß es zu Krisen kommt. Goldhagen markiert eine solche Krise: wenn auch eine, die, wie dies für die neueren Krisen des wissenschaftlichen Denkens charakteristisch ist, sehr kurzlebig war und als Krisis gar nicht wahrgenommen worden ist. Eine von den Wissenschaftlern noch offen diskutierte und allseits als tiefgehend empfundene Krise – was die Geisteswissenschaften betrifft – hat es z.B. Anfang dieses Jahrhunderts gegeben, eine Krise, die zweifellos durch den Marxismus (weniger durch Marx: dieser war bekanntlich kein Marxist) hervorgerufen worden war. Max Weber hat damals mit seinem Lösungsvorschlag die moderne Sozialwissenschaft begründet: er formulierte die Differenzierung von Tatsachen- und Werturteil sowie seine Lehre von den Idealtypen, die von da an zur nahezu (gerade auch unter Marxisten) unbestrittenen Grundlage der Gesellschaftswissenschaften wurde. Die wissenschaftstheoretische Basis, auf der Weber diese Wissenschaftslehre aufbaute, und in deren Konsequenz das von Goldhagen behandelte Verhältnis von Herrschaft und Zustimmung explizit thematisiert wurde, wurde aber nach Weber in den hintersten Winkel wissenschaftstheoretischer Diskussion verdrängt.

Weber konnte der Soziologie nach der deutschen Niederlage im ersten Weltkrieg und im Angesicht einer revolutionären Bedrohung der bürgerlichen Ordnung, nur eine neue Grundlage geben, weil er eine logisch konsistente und empirisch evidente Voraussetzung formulierte, die es erlaubte, die subjektive Beliebigkeit individueller Entscheidungen neu mit der objektiv gegebenen Situation zu verkoppeln. Der Soziologie, die vor Weber unfähig gewesen war, jenes Handeln, das sich gegen die bestehende Ordnung richtete, angemessen zu erfassen, wurde es so ermöglicht, auf die Abhängigkeit eben dieser Ordnung von dem konkreten Willen des Einzelnen zu reflektieren. Aus dieser Voraussetzung konnte dann die Soziologie ihre Methodik neu begründen und so die Krise überwinden, das heißt: das Offenbarwerden der Antinomie der wissenschaftlichen Denkform verschwinden machen.

Diese Voraussetzung kommt bei Weber in dem Grundsatz zum Ausdruck, daß Herrschaft nur existiert, insofern sie auch legitimiert ist. Herrschaft ohne Legitimation, das heißt ohne eine, in welcher Form auch immer gewährte Zustimmung des Beherrschten zu seinem Beherrschtsein, ist undenkbar – das war Webers Grundeinsicht in die gesellschaftlichen Zusammenhänge, aufgrund der er dann seine Klassifizierungen der verschiedenen Herrschaftsformen positivistisch systematisierte.

Dieser innere Zusammenhang von Herrschenden und Beherrschten steht jenseits jeder Kritik – er ist so wahr wie der Satz, daß eins plus eins zwei ergibt. (Und so banal und wahr wie Goldhagens Erkenntnis von den Deutschen, daß diese im Dritten Reich taten, was sie tun wollten.) Weber reformulierte ja auch nur die berühmten Aussagen Hegels über das Verhältnis von Herr und Knecht in der Phänomenologie des Geistes (das im Grunde wiederum nur eine Reformulierung eines Grundgedankens von Aristoteles darstellt). Die unüberschreitbare Wahrheit und Funktionsweise dieser Grundaussage kann jeder auf eigene Faust erproben: er kann eine Kaserne betreten und versuchen, den Soldaten Befehle zu erteilen. Oder sich in die Zentrale von Siemens begeben und den Managern Anweisungen geben. Klar: er kann es auch mit Köpenickiaden versuchen und dann sogar Erfolg haben: indem er sein Verhaltens einer vorgegebenen Form einpaßt, um Herrschaftsgewalt überhaupt ausüben zu können, hat aber auch der Hauptmann von Köpenick die Wahrheit des weberschen Satzes akzeptiert, und er hat damit einer für die Herrschaftsausübung unbedingt notwendigen Formierung seines individuellen Wollens seine (und indem er diesen Weg wählte: auch freiwillige) Zustimmung erteilt, mit anderen Worten: er hat Herrschaft legitimiert.

Zur Verdeutlichung: indem die Bolschewiki die Staatsgewalt eroberten, haben sie, auch wenn sie subjektiv, also inhaltlich, den Kapitalismus abschaffen wollten und sich mit aller Gewalt gegen ihn stellten, der Form nach die allgemeinen Regeln akzeptiert und legitimiert, in denen sich das Kapital reproduziert.

2.

So unwiderleglich Webers logischer Ausgangspunkt ist, so ist er aber doch nur so wahr, wie jede Tautologie wahr ist. Auf dieser Ebene gibt es nicht nur eine, sondern im Gegenteil: unendlich viele lsquo;Wahrheiten‘. Der webersche Positivismus beruht somit auf einer willkürlichen Entscheidung: nämlich der, den inneren Zusammenhang von Legitimität und Herrschaft als unüberschreitbar gegeben hinzunehmen und aus diesem und keinem anderen inneren Verhältnis die entsprechenden systematischen und strukturellen Konsequenzen zu ziehen. (Die soziologischen Debatten der siebziger Jahre zeigen, wie geschickt der Schachzug Webers war, die subjektive Zustimmung in den Begriff der Legitimität aufgehen zu lassen. Es wurde nur noch nach den verschiedenen Formen der Legitimität gefragt: daß darin der Bezug des Individuums auf Herrschaft ontologisiert wurde, war kein Thema. Wahrgenommen wurde also nicht die doch naheliegende Frage, ob dieses Individuum nicht auch darin frei ist, den Vermittlungsprozeß als Ganzen infrage zu stellen. Um die Abwehr dieser Frage ging es schon Weber: deswegen vermeidet er es in “Wirtschaft und Gesellschaft”, seine Begriffe als hierarchisch aufgebautes System von Realität darzustellen und gibt sich den Anschein, als handele es sich bei ihnen um Nominaldefinitionen.)

Für diese Entscheidung gibt es, wissenschaftlich gesehen, keine andere Begründung als die, daß sie (nach innen) logisch konsistent und (nach außen) empirisch belegbar sein muß. Wahrheit in dem Sinne, daß nur diese und keine andere Entscheidung getroffen werden kann (indem etwa zuvor gefragt würde, ob diese Entscheidung an sich vernünftig ist), ist nicht nur nicht verlangt, sondern wird von der Wissenschaft als lsquo;Metaphysik‘ denunziert. Wahrheit geht sie nichts an – und genau darin unterscheidet sich diese Denkform von allen vorwissenschaftlichen: im Gegensatz dazu gründet die Wissenschaft ihre Erkenntnisse nicht auf eine vorausgesetzte allgemeine Wahrheit, sondern auf Praxis, das heißt: auf den lsquo;Erfolg‘ (im Experiment z.B.) im Nachhinein. (Allgemeingültigkeit, also lsquo;Wahrheit’ im eigentlichen Sinne, ist der Wissenschaft immer nur als Resultat eines Forschungsprozesses denkbar.) Lassen wir die strukturellen Parallelen zwischen wissenschaftlicher Denkform und der bei Marx auf den ersten Seiten des Kapital zu findenden Darstellung der Bewegungsform des Werts beiseite: für die theoretische Grundlegung einer Wissenschaft ist es jedenfalls entscheidend, ob die scientific community sich dieser Entscheidung anschließt – weil sie darin hofft, ihre Krise überwinden zu können, also hofft, auf der Grundlage dieser Entscheidung praktisch lsquo;relevante‘, in ihrem Sinne also: lsquo;wahre‘ Resultate zu erzielen.

Stellt sich der lsquo;Erfolg‘ tatsächlich ein, dann liegt es in der Natur der Sache, daß seine Grundlage, die willkürliche Entscheidung, immer weiter in den Hintergrund tritt, bis sie nahezu unsichtbar wird. (Daß auch dies nicht irgendeiner tatsächlichen Natur, sondern der Form zu verdanken ist, in der sich das Kapital reproduziert, hat Marx im Fetischkapitel dargestellt.) Solange es nicht erneut zu einer tiefen, andauernden Krise dieser Denkform kommt, wird durchaus noch auf ihre Grundlage reflektiert, dies aber in immer esoterischeren Randbereichen (wie der Wissenschaftstheorie oder der akademischen Philosophie). Aber vor allem wird die Form selbst, also die einmal getroffene Entscheidung für sie, nicht mehr infrage gestellt: wer will heutzutage schon als realitätsfremd und unwissenschaftlich disqualifiziert werden. Jeder Wissenschaftler weiß jedoch – wenn man ihn explizit danach fragt –, daß seine Wissenschaft ihr Vorbild in der axiomatischen Mathematik hat: alles kommt darauf an, wie man das Axiom, die Ausgangsprämisse formuliert. Sie selbst läßt sich nicht beweisen, sondern kann nur lsquo;sinnvoll‘ definiert werden. Nur so ist Allgemeingültigkeit, Objektivität gewährleistet. Umgekehrt folgt daraus: wenn man sich gegen Kritik abschotten will (das will jeder: kein Wissenschaftler behauptet, seine Ergebnisse stünden von vornherein auf höchst wackeligen Füßen), dann muß man unter allen Umständen das Axiom vor jedweder Infragestellung schützen.

3.

Mit Webers Grundlegung der Soziologie wurde eine tiefe Krise der Wissenschaft überwunden, und zwar so, daß in der Folge diese der herrschenden Realität sich anpassende wissenschaftliche Denkform so wenig mehr zur Debatte stand wie die in ihr angelegte Antinomie. (Zur Debatte stand jedenfalls nicht mehr, ob es nicht darum gehen müßte, die Logik von Herrschaft dadurch zu sprengen, daß man der Herrschaft von Menschen über Menschen generell das Ende bereitet.) Die Wissenschaft konnte fortfahren, von dem entscheidenden Subjekt zu abstrahieren: der Eintritt (und die Aufnahme) in den Verein der scientific community blieb weiterhin mit der Zustimmung dazu identisch, sich ihren Grundentscheidungen anschließen zu wollen: in diesem Rahmen darf man dann allerdings forschen, wie man will. (Man muß das Geld als allgemein geltendes Zahlungsmittel akzeptieren – wenn man das einmal gemacht hat, kann man mit dem Geld kaufen, was man will.)

Die politische Parallele dazu ist gegenwärtig die von niemandem reflektierte und daher von allen akzeptierte Grundentscheidung, daß man sich – selbstredend ohne seine lsquo;Identität‘ aufzugeben – den gegebenen Realitäten (oder anders: der lsquo;Zeit‘) fügen müsse. (Das meint allerdings immer: lsquo;quer zur Zeit’: es gibt keinen Intellektuellen, sei er rechts, sei er links, der sich nicht als lsquo;Querdenker’ begriffe. Denn Kritik und Antikritik unter den Intellektuellen folgt dem parlamentarischen Muster des Verhältnisses von Regierung und Opposition. Jedes politische Argument läuft auf die Behauptung hinaus, daß der lsquo;Angepaßte’ sich darin irrt, angepaßt zu sein – nur er, der Oppositionelle, weiß um die richtige Form der Anpassung an die Erfordernisse der Zeit.) Jedoch jede Reflexion darauf würde unmittelbar zeigen, daß es für solch eine Anpassung nicht die geringste Notwendigkeit, nicht die Spur von Vernunft gibt. Diese geistige Anpassung an die herrschende Form (Realität oder lsquo;Erfordernis der Zeit‘ genannt) ist genauso freiwillig wie 1933 die Einpassung der Deutschen in ihre damals gewollte Realität. (Man kann zum arbeiten, zum Geld verdienen gezwungen werden; man kann mit Gewalt zu einer Handlung gebracht werden, die man freiwillig nie tun würde. Man kann aber nicht gezwungen werden, eine bestimmte, vorgegebene Form als notwendig zu akzeptieren – das macht man immer freiwillig.)

Nach Max Weber setzte sich ungebrochen fort, was schon zuvor das Konstituens von Wissenschaftlichkeit war: die Abstraktion vom wirklichen, frei entscheidenden Menschen. (Bei Marx als reale Abstraktion vom Gebrauchswert dargestellt.) Max Webers Gesamtwerk repräsentiert schon alle Konsequenzen: als Wissenschaftler interessierten ihn nicht die einzelnen, tatsächlichen Handlungen (interessanterweise gilt er dennoch, seit dem Auftauchen der Systemtheorie, als lsquo;Handlungstheoretiker‘), sondern allein das darin enthaltene allgemein typische, dasjenige, das es z. B. erlaubt, die verschiedenen Formen von Herrschaft gegeneinander abzugrenzen.

Daraus könnte man eine Typologie der wissenschaftlichen Richtungen ableiten, die sich (wie etwa die Handlungs- und Systemtheoretiker oder die Funktionalisten und Intentionalisten unter den Historikern des Nationalsozialismus) in der Nachfolge Webers, auf dessen Vorgaben aufbauend, herausbilden und sodann darstellen, wie sie in ihrem Spiegelspiel um die jeweils lsquo;adäquate Einpassung in die Realität’ ihre eigene Grundlegung aus den Augen verlieren. Aber das wäre Wissenschaft – die aber verlassen wir jetzt. Nur noch so viel: Goldhagen reformuliert nichts anderes als die Grundlegung seiner Wissenschaft, bezogen allerdings auf die Erfahrung des Nationalsozialismus. Er verifiziert Max Webers Legitimitätsbegriff am Beispiel von Auschwitz – ohne es zu wissen. (Wüßte er es, dann hätte er wohl kaum auf dieses Argument – es wäre sein stärkstes – verzichtet.) Seine Kollegen – und hier gerade die Sozialhistoriker, die die Geschichte explizit aus dem sozialwissenschaftlichen Blickwinkel Max Webers betrachten wollen – haben dies auch nicht bemerkt. Alle zusammen wollen sie es so genau auch gar nicht wissen – würde doch dann unübersehbar, daß ihre Wissenschaft auf einer äußerst lsquo;unwissenschaftlichen‘ Basis beruht, auf einer willkürlichen Entscheidung, und zwar der für die Verewigung der Herrschaft des Menschen über den Menschen.

Subjektivität und Kapital

1.

Gegenwärtig ist im wissenschaftlichen Mainstream nicht nur vom konkreten Subjekt, sondern auch von Herrschaft und Legitimität keine Rede mehr. Man treibt die Abstraktion bis hin zur lsquo;Zerstörung des Subjekts‘ – und übersieht geflissentlich, daß sich gerade auf diese Weise ein Subjekt konstituiert, das den Narzißmus des Warenbesitzers universalisiert, bis es allein bei sich selbst ist und sich als absoluten Souverän halluziniert. Als solches braucht es keiner äußerlichen Herrschaft mehr zuzustimmen, braucht es dieser Herrschaft keine über gesellschaftliche Verallgemeinerungen vermittelte Legitimität mehr zu verleihen, sondern stimmt, indem es sich selbst zustimmt, allein seiner Herrschaft über sich selbst zu. Dieses postfaschistische Subjekt identifiziert sich allein mit sich selbst, es braucht dazu noch nicht einmal mehr eine Theorie, auch Wissenschaftlichkeit ist ihm eigentlich schnuppe (weil selbstverständlich). Alle anderen Subjekte sind als souveräne Subjekte zerstört – es allein ist übrig geblieben. Es braucht keine Nation, keine Rasse, kein Volk, keinen Staat mehr, mit dem es sich identifizieren müßte. All diese Formen der Identifikation gelten ihm als historisch überholt. Je konsequenter die Wissenschaft vom Subjekt abstrahiert, um so wirksamer konstituiert sie es als absolutes.

Natürlich ist diese Absolutheit imaginiert. Jedes Objekt, das man nicht selber ist (sich nicht einverleiben, nicht kaufen kann), stellt eine potentielle Bedrohung des Souveränitätsanspruches dar. Die historisch lsquo;überholten‘ Identifikationen können jeden Augenblick wieder zu aktuellen werden: denn in Wahrheit sind natürlich weder Nation noch Volk, erst recht nicht Staat und Kapital – und der um Geld und Arbeit konkurrierende Mitbürger auch nicht –, abgeschafft worden. Die Identifikation allein mit sich selbst (d.h.: die Zustimmung zur Herrschaft des Ich über sein Selbst) wird in der Krise unmittelbar – und ohne Grund – in ein zeitgleich existierendes Allgemeines übersetzt: noch ist es die Kulturindustrie, die den Individuen in ihrem Subjektivitätswahn ein Ventil verschafft und sie so noch davon abhält, rigoros zu tun, was alle am liebsten tun würden: nämlich alle anderen, mit ihnen konkurrierenden Subjekte zu vernichten, damit sie selbst sich wirklich ganz allein haben können. Diese Subjekte sind tatsächlich frei: sie können sich jederzeit ein beliebiges Identifikationsangebot aussuchen, dem sie die Legitimität zur Herrschaft über sich so umstandslos übertragen können wie heutzutage ihrem Ich. Ob diese Identifikation Deutschland, ein Führer oder sonst was ist, bleibt offen. Ebenso offen bleibt, zu welchen Taten sie dieses Identifikationsobjekt ermächtigen. Nur eines bleibt das Immergleiche: in dieser ihrer Identifikation werden sie sich, wie im Dritten Reich, als sie sich mit dem Führer identifizierten, nie eingestehen wollen, daß Identifi kation gleichbedeutend damit ist, dem Identifikationsobjekt (in letzter Konsequenz immer: dem Kapital) freiwillig, also selbstverantwortlich, die Herrschaft über sich zuzugestehen.

Indem Goldhagen diese vergessene Banalität in Erinnerung rief (und nur insoweit: alles, was Goldhagen weiterhin ausführt, gehört zur typisch wissenschaftlichen Spiegelfechterei mit Fakten, in der jede Seite mit mehr oder weniger guten Gründen der anderen parteiliches Ressentiment um die Ohren schlagen kann), daß schließlich niemand gezwungen werden kann, sich mit dem, was ihn beherrscht, auch noch zu identifizieren, und daß in dieser Identifikation selbstredend die freie und bewußte Zustimmung zu allem enthalten ist, was im Namen Deutschlands verbrochen worden ist, verstieß er gegen den Konsens der Historikerzunft nicht nur in Deutschland: den Konsens darüber, daß man einmal getroffene Grundentscheidungen nicht ohne größte Not wieder zum Gegenstand der Debatte machen darf. (Daß auch Goldhagen wenig Interesse daran hatte, sondern daß es ihm hauptsächlich um seine wissenschaftliche Reputation, zeigt sich darin, daß er die Deutschen nach ‘45 von seinem Urteil über die Deutschen ausnimmt. Daß dies der inneren Logik seiner These widerspricht, hat allerdings jeder gemerkt.) Indem er vom individuellen Menschen redete (zwar so kryptisch wie schon Weber, aber immerhin), kam er seinen Kollegen so vor, als spräche er aus einem vergangenen Jahrhundert – hatte man es doch zwischenzeitlich bis zur Perfektion geschafft, über den Menschen zu reden, ohne ihn tatsächlich vorkommen zu lassen.

Kommen wir auf “Goldhagern und die deutsche Linke” zurück. Becker, Küntzel u.a. stellen zu recht fest, daß die Alliierten nach ihrem Sieg eine einzigartige Chance verstreichen ließen: “Der 8. Mai 1945 war der Tag, an dem notwendig der Bruch mit dem völkisch-antisemitischen Konzept von Deutsch-Sein hätte erfolgen müssen.” Praktisch hatten die Alliierten die Macht, die Grundlage zu beseitigen, von der aus der Welt die barbarische Natur ihrer Synthesis vor Augen geführt worden war: Nie wieder Deutschland. Das hätte bedeutet, den Deutschen im Augenblick ihrer Niederlage jede weitere Möglichkeit zur Identifikation mit ihrem Allgemeinen – dem Deutsch-Sein – nehmen zu müssen. Man hätte den Deutschen eine, dem Stand im lsquo;Prozeß der Zivilisation‘ entsprechende Ersatz-Identifikation anbieten können (US-Bürger, Franzose, Brite oder Russe zu werden) und hätte dabei ein einfaches Instrumentarium in der Hand gehabt, um zu prüfen, ob der Betreffende den Unterschied zwischen (zweifellos kapitalistischer) Zivilisation und (völkisch-deutscher) Barbarei tatsächlich begriffen hat. Diejenigen, die sich dennoch weiterhin als Deutsche hätten fühlen wollen, einschließlich derer, die sich als Heuchler erweisen würden, hätten dem Kriegsrecht unterstellt bleiben können. Neben der militärischen und polizeilichen Macht hätte man für dieses Vorgehen auch alle Moral auf seiner Seite gehabt.

Die Antwort auf die Frage, warum die Alliierten anders handelten, liegt auf der Hand, und sie löst ganz nebenbei und zwanglos das Problem der Autoren, das sie in ihrem weiteren Forschungsprozeß erst noch glauben lösen zu müssen. Denn zum einen hätten die Alliierten wohl kaum einen Deutschen gefunden, der bereit gewesen wäre, auf seine lsquo;Identität‘ zu verzichten. Zum anderen, und das ist noch gravierender, war den Alliierten der Unterschied zwischen der deutschen und den anderen nationalen Identifikation (und dies trifft auch für Becker u.a. zu: denn die suchen schließlich auch heute noch danach) damals so wenig klar wie heute noch, Goldhagen eingeschlossen. Da die Alliierten allesamt – gerade auch die Sowjetunion– selbst Nationalisten waren, konnten sie unmöglich eine eindeutige Grenze zwischen einem schlechten, barbarischen – d.h. deutschen – und einem lsquo;guten‘ Nationalismus ziehen. Sie konnten (besser: wollten) nur zwischen deutschen Nationalisten (den lsquo;Patrioten‘) und den Nazis unterscheiden.

Hinzu kommt: es gab Nationalsozialisten in allen Staaten, einem Anti-Nazi blieb kaum etwas anderes übrig als die bloße moralische Verteufelung – jede ethnische oder staatsrechtliche Differenzierung ist hier absolut überfordert, eine solche kann es schlichtweg nicht geben: Das Eingeständnis der Wahrheit, daß die deutschen Nazis lsquo;nur‘ eine besondere Ausprägung des allgemein für unabdingbar gehaltenen Nationalbewußtseins darstellten, hätte den eigenen Nationalismus der Alliierten in ein höchst unerwünschtes Licht gestellt. (Daraus erklärt sich zwanglos die widersprüchliche Entnazifizierungspolitik der Alliierten.) Kurz: was schlecht war an den Deutschen bestimmte sich nicht aus ihrer Identifikation mit ihrem Staat, ihrer Nation, ihrem Führer, sondern allein aus moralischen Kategorien. Und so arbeiteten die Alliierten am Mythos des guten Deutschen tatkräftig mit. Alles andere hätte ihre Grundlage, d.h. letztlich ihre kapitalistische Basis in Frage gestellt.

3.

Die Tatsache, daß das global Allgemeine: das Kapital, bei den Deutschen in der einzigartigen Besonderheit erscheint, in diesem Jahrhundert zwei Weltkriege verbrochen und ein keiner Vorstellung zugängliches Verbrechen begangen zu haben (nicht zu vergessen, daß sie ihre Konstitution zum Staat dem militärischen Sieg über die Ideale der französischen Revolution verdanken), reicht den Autoren nicht hin, wenn es ihnen darum geht, die Besonderheit des “Deutsch-Seins” zu ergründen. Sie suchen nach lsquo;tieferen‘ Erklärungen.

Im Verlauf ihrer Suche verweisen sie auf Moishe Postone: sie geben ihm recht, wo es um die Antwort auf die Frage geht, wie die Vergesellschaftung durch den Wert notwendigerweise antisemitisches Bewußtsein konstituiert. Doch könne aus diesem logisch-strukturellen Ansatz mitnichten erklärt werden, warum gerade Deutsche den Antisemitismus zur praktischen Konsequenz getrieben haben. Die Autoren verlangen also von Postone, er müsse erklären können, warum ein historisches Ereignis so und nicht anders stattgefunden hat; sie verlangen also – in typisch wissenschaftlicher Manier – von seiner Theorie die Abstraktion von der prinzipiellen Kontingenz menschlichen Handelns. Wie schon Marx, so kann auch Postone diesem Verlangen nicht nachkommen. Genau dies macht den Wert seiner Darstellung aus – und der von Marx. Denn beiden geht es um die Darstellung der Folgen einer Praxis, die sich dem Kapital unterwirft – um eine lsquo;Erklärung‘ konkreter historischer Ereignisse geht es ihnen nicht (allenfalls um eine Darstellung der Bedingungen ihrer Möglichkeit). Nur auf diesem Wege ist es möglich, zu einer Kritik der je individuell gewollten Praxis zu kommen: zu einer Darstellung, die – wie die von Marx – nur deshalb unmittelbar Kritik ist, weil sie den konkrete Einzelnen zu ihrem Adressaten macht und ihn in jedem Satz unterschwellig fragt: willst Du allen Ernstes das, was Du da tust, tatsächlich tun? Nicht zuletzt damit ist der wissenschaftliche Rahmen gesprengt. (Das zum Zusammenhang von Verantwortung und Wertgesetz: es ist die Kritik, die zeigt, daß es sich beim lsquo;Wertgesetz‘ gar nicht um ein wirkliches Gesetz handelt, sondern um die individuell gewollte Ordnung einer Gesellschaft, die diesem Gesetz folgen soll.)

4.

Becker, Küntzel u.a. sind mit Postone und Marx schnell fertig: eigentlich widerspricht deren Vorgehensweise ihrem wissenschaftlichen Anspruch diametral. Ausführlicher beschäftigen sie sich mit den Theorievarianten, die ihnen angemessener sind: den empiristischen. Die bisherigen Theorien, die, ausgehend von den historischen Fakten, zu Verallgemeinerungen vordringen wollen, halten die Autoren allerdings für unzulänglich. (Natürlich: oder hat man jemals einen wissenschaftlichen Aufsatz gelesen, der nicht behauptet hätte, die empirische Basis für die gefällten Urteile sei noch nicht hinreichend gesichert?) Nachdem sie die Theorien, die den deutschen lsquo;Sonderweg‘ erklären wollen – ausgehend von Goldhagen (eliminatorischer Antisemitismus) über den lsquo;deutschen Idealismus‘ bis hin zu der lsquo;verspäteten Nation‘ – durchdekliniert haben, stellen sie nicht etwa fest, daß es auf diesem Wege prinzipiell unmöglich ist, zum Grund vorzudringen, d.h. zum Allgemeinen, wie etwa Postone es formuliert, d.h. zum Kapital. Warum dies prinzipiell unmöglich ist, hätten sie bei Marx, besser noch: bei Kant nachlesen können. Denn Becker u.a. interpretieren Marx, als habe dieser, in ganz positivistisch Manier, die Erkenntnis Kants: daß die Wahrheit von Urteilen vor jeder Erfahrung sich konstituiert, nicht akzeptiert. Wie bisher noch jede Wissenschaft lehnen sie schlicht alle bisherigen Ansätze als unzureichend ab und wollen nun auf eigene Faust die in ihren Augen korrekte Beziehung des Besonderen zum Allgemeinen formulieren – wobei sie natürlich nie behaupten, irgendwie Endgültiges formulieren zu können, nein: sie wollen “die Diskussion initiieren”, usw. usf. Das sind mehr als bloße Stilfragen: in diesem Stil kommt die wissenschaftstypische Denkhaltung zum Ausdruck

Wie jeder Wissenschaft ist es auch der des “antinationalen Büros” undenkbar, daß die Besonderheit der Deutschen nicht allgemein-theoretisch erfaßbar sein soll. Auch für sie gilt: Wissenschaft beginnt dort, wo eine Tatsache nicht für sich selbst steht. Solche (im eigentlichen gar nicht theoriefähigen) Tatsachen interessieren den Wissenschaftler grundsätzlich nicht. Denn er muß unterstellen, daß ihnen ein Allgemeines zugrundeliegt, das in ihnen nicht unmittelbar erscheint. Er muß Tatsachen als “Rätsel” (Luhmann) begreifen. Gegen Adorno/Horkheimer will das Autorenkollektiv “das Rätsel”, warum die Judenvernichtung von Deutschland ausging, in “nationalen Besonderheiten” der Deutschen begründen. Sie konstatieren – in aller Vorläufigkeit – so etwas wie eine “deutsche kapitalistische Produktion”, und fragen, ob “Entfremdung und Arbeitsfreude” nicht “deutsche Ideen” seien. “Deutschland”: das ist ihnen also der Name, der in sich sowohl das (theoretische) Allgemeine als auch das Besondere (das historische Ereignis) repräsentiert. Die Welt soll genesen, nachdem ihr von den Autoren das deutsche Wesen erklärt worden ist.

Es kann sich hierbei nur um ein Wesen handeln, das als solches nicht unmittelbar erscheint – denn erschiene es so, wie es ist, dann wäre es nicht mehr ein von seiner Besonderheit unterscheidbares Allgemeines, sondern nichts weiter als ein Besonderes, also eine einfache Tatsache wie die, daß die, die für Auschwitz verantwortlich sind, die Deutschen sind. Den Antisemiten zeichnet es aus, daß er die Erscheinungsform des Allgemeinen in der kapitalistischen Gesellschaft unmittelbar auf die Juden projiziert und dann glaubt, so das Allgemeine als konkret Erscheinendes dingfest gemacht zu haben. So vermag er die Juden für alle Übel dieser Welt verantwortlich zu machen: der empirische Jude ist ihm dann nichts anderes als die Verkörperung des Allgemeinen, das hinter dem Besonderen, verschwörungstheoretisch konkretisiert, steht und es konstituiert. Es soll also nicht der Antisemit selbst es sein, der genau das Übel erzeugt, das er sodann als sein Werk verleugnet.

Weit davon entfernt, Antisemiten zu sein (denn dazu muß man unmittelbar die Juden mit dem Allgemeinen identifizieren, muß man, in eigentlich unwissenschaftlicher Manier, benennen, wer oder was das Allgemeine als Besonderes verkörpern soll), vollziehen Becker u.a. dennoch in der Struktur ihres Denkens, also immer dann, wenn sie, wie alle Wissenschaft, nach einem nicht unmittelbar erscheinenden Allgemeinen suchen, in der Form einen Prozeß nach, den sie selbst als typisch für das antisemitische Denken hervorgehoben haben: “Das undurchschaute Abstrakte wird in Gestalt des Juden wahrgenommen.” Rein formal betrachtet heißt das aber nichts anderes als: das Allgemeine wird als Besonderes halluziniert und umgekehrt: das Besondere als Allgemeines. Der Gegenstand jedoch, der tatsächlich diesem in sich unmöglichen Verhältnis von Besonderem und Allgemeinem entspricht, der Gegenstand, der für diese Halluzinationen verantwortlich ist, und der also die empirisch erfahrbare Sinnlichkeit in sich selbst mit unüberschreitbarer (unsinnlicher) Allgemeinheit verkoppelt, ist einzig und allein das Geld. Alles andere projiziert dieses sinnlich-übersinnliche Wesen des Geldes auf anderes: bei den Autoren sind es die Deutschen, die, wie das Geld, die Besonderheit und die Allgemeinheit zugleich in sich verkörpern sollen.

5.

Die Autoren des Antinationalen Büros, dies wird in ihrer Kritik an der Kritischen Theorie deutlich, sitzen dem fundamentalen Irrtum auf, als könne neben (oder in) dem Kapital (als dem weltweit Allgemeinen) noch ein Allgemeines existieren, eines, aus dem sich die Besonderheit des deutschen Antisemitismus erklären ließe. Anders als Goldhagen wollen sie “die Verbindung zwischen Holocaust und modernem Kapitalismus” nicht ignorieren. Denn: “Auschwitz ist … auch ein Ausdruck planmäßiger industrieller Rationalität, ein Ausdruck für das Fortdauern der Zivilisation in der Barbarei.” Gegenüber Goldhagen, der die “subjektive Seite des Antisemitismus aus dem Gesamtkomplex” herausgelöst habe, bestehen sie darauf, das “TäterInnenbewußtsein in eine theoretisch fundierte Erklärung des Antisemitismus (einzuordnen).” In diesem “ist auch”, diesem “einordnen” verrät sich ihre Methode. Indem sie das Getrennte – hier die von Goldhagen “aus dem Gesamtkomplex herausgelöste subjektive Seite” – wieder in die Theorie hereinholen wollen, gehen sie den von jeder Wissenschaft geradlinig beschrittenen Weg, dieses Subjekt zu verdinglichen, es zu objektivieren, und so um seine potentielle Freiheit zu betrügen. Ihre Kritik an Adorno/Horkheimer (bzw. den Autoren der Bahamas) gipfelt schließlich in dem Vorwurf an Ulrich Enderwitz, er betrachte die “Kategorie des lsquo;Wahnsinns‘ als des Materialismus‘ letzten Schluß”.

Darin bekundet das Antinationale Büro, daß es mitnichten bereit ist, die materialistische Konsequenz aus Goldhagens Buch zu ziehen, und daß es, wenn auf Marx rekurriert wird, immer noch dem marxistisch-leninistischen Kapitalbegriff verhaftet ist, den Becker u.a., besonders in dem Kapitel: “Warum wird Goldhagen abgewehrt” allerdings fulminant kritisieren. In einer Rezension hat Detlef zum Winkel dagegen die wissenschaftslogisch korrekte Konsequenz ihrer Analyse gezogen: “Wenn der Holocaust den Nationalsozialismus charakterisiert, so ist Lenins Imperialismustheorie (von Dimitroffs Faschismustheorie ganz zu schweigen) falsch. Und dann trägt die Marxsche Politökonomie zur Erhellung dieses zentralen Geschehens nichts bei.” (konkret 10/97) Zum Winkel hat aber logisch unabweisbar recht: denn entweder geht eine Theorie vom Antisemitismus als der entscheidenden Grundlage der deutschen Geschichte aus und erklärt daraus alles andere aus diesem spezifisch Deutschen – dann hat Marx nichts mehr zu bestellen. Oder aber das Kapital ist das auch in Deutschland geltende, es erfassende Allgemeine, aus dem sich dann aber auch Auschwitz lsquo;erklären‘ lassen müßte. Doch dann würde Auschwitz rationalisiert; es wäre lsquo;relativiert‘.

Beides zugleich: ein rationalisierender Marx und ein der Irrationalität verpflichtetes lsquo;deutsches Wesen‘ – das geht nicht. Die allgemeine Theorie also, nach der die Autoren suchen, die sowohl das Kapital, so wie sie es verstehen, als auch die Shoah zum zentralen Bezugspunkt der aktuellen Geschichte macht, kann es nicht geben. Wer Auschwitz als Zivilisationsbruch ansieht, und gleichzeitig am Ethos des wissenschaftlich rationalen Denkens festhält, der muß, ist er konsequent, bestreiten, daß die bürgerliche Gesellschaft in all ihren Aspekten durch die ökonomische Rationalität des Kapitals konstituiert is t – denn Auschwitz geht darin offensichtlich nicht auf. Wenn es also so ist, daß es im, neben oder vor dem Kapital noch eine Bestimmung gibt, die sich nicht vom Kapitalverhältnis her erklären läßt, sondern die aus eigenem Recht existiert (die “spezifische deutsche Identität” etwa, die sich “in spezifischer Weise mit dem Kapital verbindet”), dann käme alles darauf an, die lsquo;zivilisatorischen Errungenschaften der Aufklärung‘ vor dem deutschen Wesen zu schützen. Dann ginge die Erhaltung des zivilisatorischen Mindeststandards und die Verhinderung einer “Verbindung” dieser Zivilisation mit dem lsquo;deutschen Wesen’ einer Kritik des Kapitals voraus – und seiner, wenn auch lsquo;kritikwürdigen‘, aber doch immerhin noch rational erfaßbaren Erscheinungsweise. Dann also hätte der Reformismus recht, und man müßte zum Reformisten werden. Alles andere wäre inkonsequent und genau die Heuchelei, die die Autoren der marxistisch-leninistischen Linken zu recht vorwerfen.

6.

Zu fragen aber ist nach dem Status des Kapitalbegriffes. Beanspruchte dieser tatsächlich, Ausdruck einer allgemeinen Theorie zu sein, wie sie den Autoren vorschwebt, dann wäre Marxens Kapitalbegriff, spätestens nach Auschwitz, unhaltbar. Denn er könnte Auschwitz nicht gerecht werden und wäre umstandslos auf den Müll der Geschichte zu werfen. Die Kritische Theorie in der Nachfolge Adornos behauptet dagegen, daß der marxsche Kapitalbegriff alles andere als eine rational-wissenschaftliche Theorie formuliert, sondern die Irrationalität des Kapitals auf den Begriff bringt: bestritten wird, daß das Kapital, so sehr es auch Rationalität überhaupt erst konstituiert, in seinem Kern – und das nicht erst seit Auschwitz – der Zweck-Mittel Rationalität bzw. dem Schematismus von Ursache und Wirkung überhaupt gehorcht. lsquo;Dialektik der Aufklärung‘ meint vielmehr dies: ein und dasselbe Falsche, also Negative, setzt aus sich sowohl die Aufklärung als auch ihr Gegenteil: die Barbarei heraus. Daß ein und dasselbe das Eine und gleichzeitig auch sein Gegenteil konstituiert, steht aber außerhalb jeder rational-wissenschaftlichen Denkmöglichkeit.

Auf der Basis dieses Kapitalbegriffes ist eine objektive, in Natur, Gesellschaft oder Kultur verankerte Herleitung irgendeiner nationalen Besonderheit (irgendeines nationalen oder sonstigen lsquo;Wesens‘ also) so wenig möglich wie die Prognose irgendeines konkreten historischen Ereignisses (aber das ist bekanntlich das eigentliche Ziel jeder wissenschaftlichen Theorie). Das heißt keineswegs, daß die Geschichte des Kapitals sich dann überhaupt keiner Logik mehr fügen würde: im Gegenteil, denn sie fügt sich genau in diese Logik der Dialektik von Zivilisation und Barbarei. Darin ist es niemand anderes als der einzelne Mensch, der sich dieser Logik (freiwillig) unterwirft und ihr so zur Geltung verhilft. Ebensowenig heißt dies, zu behaupten, Nationalität und Staatlichkeit hätten keinerlei realen Grund. Im Gegenteil: das Kapital kann ohne Staatlichkeit nie und nimmer existieren. Aber “Deutsch-Sein”, Staatsbürger welchen Staates auch immer zu sein, hat nichts anderes zu seinem Grund, kein anderes objektives Sein, als den Willen der vom Staat als Deutsche oder sonstwie definierten Bürger, deutsch (oder sonst was) sein zu wollen und darin sich mit seinem Staat zu identifizieren und ihn zu legitimieren, d.h.: als Abstraktion real werden zu lassen, und ihn so als ein objektiv existierendes Wesen begreifen zu können.

So verstanden hat Ulrich Enderwitz zweifellos recht, haben Adorno und Horkheimer recht, wenn sie den Wahnsinn, dem die Deutschen sich auch nach ‘45 noch verpflichteten, als das bezeichnen, was er war und ist: nichts anderes als Wahnsinn eben. Dieser wird somit tatsächlich zu einer “materialistischen Kategorie”. Denn offener Wahnsinn, und zwar der bewußt gewählte, war es, als die Deutschen die Nazis damit beauftragten, die Folgen des ersten Weltkrieges auf ihre Art zu revidieren. Jeder, ob Deutscher oder nicht, wußte, daß dies Krieg bedeutete. Hier schon, und bei der lsquo;Lösung der Judenfrage‘ erst recht, ging es um eine Entscheidung, die von jedem einzelnen Deutschen zu treffen war – und dieser mußte keineswegs Historiker oder Politiker oder sonstwie Experte sein, um über die Folgen dieser Entscheidung genauestens Bescheid zu wissen. Da passierte nichts, aber auch rein gar nichts “hinter einem Rücken”. (Einige waren vielleicht nicht sonderlich begeistert, aber auch sie lsquo;fügten sich in ihr Schicksal‘: amor fati nannte Nietzsche dies; es war, wie bei Nietzsche, ein selbst gewähltes Wollen des Widersinnigen: ein lsquo;Triumph des Willens‘.)

Es ist schlicht weltfremd und widerspricht den historischen Fakten, hier oder sonstwo nach einem spezifisch lsquo;deutschen‘ oder sonstigen Wesen zu suchen, das unabhängig von ihrem Willen gerade die Deutschen zum Urheber von Auschwitz prädestiniert oder disponiert hätte. Sie waren es, sie wollten es, und damit basta. Die Regierungen der Alliierten haben sich – nach langem Hin und Her – anders als die Deutschen entschieden und genau so wenig wie die Deutschen hat sie irgendeine nationale Eigenart oder Geschichte zu dieser Entscheidung für die (liberalkapitalistische) Zivilisation und gegen die (nazistische) Barbarei gezwungen. Sie hätten allesamt auch Nationalsozialisten werden können – und die Bevölkerung der Länder, die Deutschland besetzt hatte, war (merkwürdigerweise besonders in Frankreich) schließlich schnell bereit, sich wie die Deutschen mit dem Nationalsozialismus zu identifizieren.

7.

Wer mit Rassismus und Antisemitismus brechen will, wer alles Deutsche – und nicht nur das: sondern das Nationale generell – in den Orkus der Geschichte verabschieden will, muß mit dem Prinzip selber brechen, in dem sich in der kapitalistischen Gesellschaft Besonderheit in Allgemeinheit übersetzt (und umgekehrt), Tatsachen in Theorien (und umgekehrt), muß die abstrakten (im Geld repräsentierten) Vermittlungen zerstören wollen, in denen u.a. die wissenschaftliche Denkform ein Denken konstituiert, das in letzter Konsequenz (dann also, wenn es von der Form zum Inhalt übergeht) nur antisemitisch sein kann. Denn so, wie das wissenschaftliche Denken der Form nach antisemitisch ist, so ist es erst recht und noch unmittelbarer rassistisch. Wer den Menschen wissenschaftlich betrachtet, muß ihn differenzieren: in die Weißen oder Schwarzen, die mit oder ohne Erbkrankheit, mit dieser oder jener Sozialisation, on die mit oder ohne Penis, in die, die alt oder jung sind. All diese Unterscheidungen machen aber nur einen Sinn, wenn sie nicht nur schlicht empirisch festgestellt werden, sondern auch in der Praxis, das heißt subjektiv, im Handeln und in der Theorie Berücksichtigung finden. Damit aber wird der Mensch als Farbiger, Kranker, Krimineller, Frau, Rentner, und nicht mehr als Mensch behandelt

Der common sense unterscheidet sich heute vom wissenschaftlichen Denken allein noch dadurch, daß der Normalbürger keinen Hochschulabschluß hat. Wie klein der Unterschied schon ist, sieht man daran, daß, sobald nur irgendein Blödsinn politisch relevant wird, Wissenschaftler sich finden, die ihm die Weihe objektiver Geltung verleihen. Der Glaube, daß hier mit den allgemeinen Menschenrechten und der Rechtsstaatlichkeit (oder der geschichtlichen Situation in den nicht-deutschen, also zivilisierten Ländern) eine moralische Grenze gezogen werden kann, eine Grenze, die es erlauben soll, den Menschen – ohne jede Differenzierung – als Gattungswesen anzusehen, ist nicht nur Augenwischerei, sondern ist für das Funktionieren dieses Widersinns wiederum nur konstitutiv.

Die genauere Betrachtung dieser ominösen Menschenrechte zeigt, daß sich in ihnen gerade die Widervernünftigkeit des Kapitals erweist, wenn es darum geht, Besonderheit in Allgemeinheit zu übersetzen. Der einzige Weg zu einer menschlichen Gesellschaft besteht in dem Verzicht auf Erklärungsmuster, die unter V erallgemeinerung verstehen, von der Freiheit des einzelnen Menschen abstrahieren zu müssen, besteht darin, eine Form der Darstellung zu finden, die nicht hinter der erscheinenden Wirklichkeit ein mysteriöses Allgemeines (Gott, Macht, Kapital etc.) am Werke sieht, sondern nichts weiter als den einzelnen Menschen. Im Kapitalismus ist das von diesem Einzelnen konstituierte Allgemeine – egal, was er konkret zu tun vorgibt – allerdings immer wieder: das Kapital, das als Ursache erscheint, obwohl es in Wirklichkeit nie etwas anderes ist als Resultat oder Wirkung. Das gilt es als Skandal zu denunzieren.

In diesem Sinne ist festzuhalten: der Mensch, so wie er unter kapitalistischen Bedingungen lebt, Bedingungen, die er – wie nicht zuletzt 1989 die Bürger der DDR es vorgeführt haben – so haben will, wie sie sind, ist ein Mensch, der ohne die Identifikation seiner Besonderheit mit einem Allgemeinen (Gott, Staat, Nation, Geld) nicht glaubt leben zu können. Auch auf die Gefahr hin, pingelig zu erscheinen: daß die Becker, Küntzel u.a. das große I verwenden (bei Juden aber nicht: hier heißt es Juden und Jüdinnen), daß sie penetrant vom “Holocaust” sprechen, obwohl die in diesem Begriff konnotierte, höchst problematische lsquo;Aufarbeitung‘ der Judenvernichtung durch die Kulturindustrie jedem Materialisten mindest Bauchschmerzen bereiten müßte und nicht zuletzt ihr Selbstverständnis als Teil einer (von ihnen ansonsten zu Recht in Grund und Boden kritisierten) Linken, verweist auf ein ungebrochenes Identifikationsbedürfnis. So wie einen die schwarze Lederjacke und der entsprechende Haarschnitt vor einigen Jahren als Autonomen geoutet hat, so soll diese Sprechweise die Identifikation der Autoren transportieren: es käme aber nicht zuletzt darauf an, auch diese kulturellen Identifikationsmuster als Grundlage kapitalistischer Synthesis zu denunzieren.

Der Mensch kann gezwungen werden, zu arbeiten. Er kann vielleicht sogar gezwungen werden, Menschen zu töten. Aber eines macht er unter allen Umständen völlig freiwillig: sich mit einem Allgemeinen, von dem er denkt, es umfasse, gar: erfasse seine Besonderheit als Mensch, zu identifizieren. Durch diese – zweifellos über die Warenförmigkeit, d.h. die Warenzirkulation vermittelten – Identifikationsmechanismen hindurch kann erst dem Elend, das der Kapitalismus schafft, zu seiner Akzeptanz verholfen werden. Kapitalistische Vergesellschaftung bedeutet also nicht nur, sein Leben in der Arbeit und vermittelt über das Geld reproduzieren zu müssen; das auch. Sondern Kapitalismus bedeutet, die Identifikationsangebote bereit zu stellen, durch die hindurch den Menschen das Gefühl, die Gewißheit, der Sinn vermittelt wird, sich tagtäglich nur als Mensch erfahren zu können, insofern man sich dieser Idiotie der Identifikation unterwirft. Die Identifikation mit der Nation ist und bleibt eines der Angebote: dieses Angebot denunzieren zu wollen, ist die ohne Einschränkung gutzuheißende Absicht des Antinationalen Büros. Aber den Mechanismus dieser Identifikation nicht nur nicht zu reflektieren, sondern ihm, in Form einer Theorie, die nun endgültig das Wesen des “Deutsch-Seins” auf den Begriff zu bringen verspricht, ein neues, wenn auch lsquo;negatives‘, Identifikationsangebot unterbreiten zu wollen: das ist ihr Manko, das all ihre Arbeit an der Destruktion entwertet.

Materialistische Kritik dagegen bietet keinerlei Angebot zur Identifikation, sondern zerstört jede Identifikation mit dem Ziel, den Menschen auf sich selbst zu stoßen: um ihm ad hominem zu demonstrieren, wie er es ist, der erzeugt, was er, handelte er nur vernünftig, nicht erzeugen dürfte. Oder anders: das real existierende Allgemeine muß als das denunziert werden, was es ist: als falsches und widervernünftiges. Alle Konkretionen dieses Allgemeinen, des Kapitals, also: Staat, Nation, Kultur etc., vor allem: das wissenschaftliche Denken, sind als falsche Konkretionen, die in Antisemitismus und Rassismus ihre reine Form finden, schlichtweg abzuschaffen.

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