Ulrich Enderwitz – Reichtum und Religion * Einleitung zu Der Mythos vom Heros

Das andere Subjekt des Reichtums

Ulrich Enderwitz

Soweit historische Überlieferung zurückreicht und wahrscheinlich schon lange vorher – seit Menschengedenken also – weisen die Hervorbringungen menschlicher Arbeit einen eigentümlichen Doppelcharakter, eine seltsame Zwieschlächtigkeit auf: Sie fungieren als Lebensmittel, und sie figurieren als Reichtum.

Arbeitsprodukte dienen als Lebensmittel; der Arbeitende braucht und gebraucht sie, um sich als solcher zu erhalten, sein Leben, sein Sein zu reproduzieren, sich im Status quo eines Arbeitenden zu reaffirmieren. Aber zugleich stellen sie je schon mehr als Lebensmittel, Reichtum dar; der Arbeitende sieht etwas in ihnen, nimmt sie für etwas, das neben oder jenseits aller reproduktiven Funktion auf ein vielmehr verändertes Sein, ein von Grund auf anderes Leben verweist, etwas, das neben oder jenseits aller bloßen Reaffirmation das Versprechen einer Initiation, das Versprechen des Übergangs in einen ontologisch differenten Status, der Überführung in einen qualitativ neuen Zustand enthält.

Die mit diesem Zustand verknüpften Konnotationen, an diesen differenten Status geknüpften Erwartungen sind mannigfach. Sie reichen von Vorstellungen unerschöpflicher Potentialität, Vorstellungen der Entfesselung und Befreiung, der Erhebung und Verklärung, der schöpferischen Tätigkeit und Selbstentfaltung, des verhaltenen Privatisierens, eines sorgenfreien Daseins, ewiger Ruhe, sublimen Genusses bis zu Phantasien unersättlicher Laszivität, Phantasien von Macht und Einfluß, Rang und Geltung, immerwährendem Zeitvertreib und permanentem Spiel, auftrumpfendem Luxus, Schlaraffenland, ewigem Fest, schierer Lust. Aber was allen diesen divergierenden Vorstellungen gemeinsam bleibt, ist eben das qualitativ Neue des mit ihnen umschriebenen Zustands selbst, ist die ontologische Differenz, in der sich der durch Reichtum vermittelte Status gegenüber aller durch Lebensmittel bestimmten Verfassung behauptet. Und was diese divergierenden Vorstellungen auch allemal gleichermaßen implizieren und voraussetzen, ist die absolut initiative Bedeutung und konversionsartig kriterielle Funktion, die die in ihrer Eigenschaft als Reichtum jenen qualitativ neuen Zustand und ontologisch differenten Status repräsentierenden Arbeitsprodukte beanspruchen. Wo als Lebensmittel das Arbeitsprodukt nur gerade dazu taugt, das Subjekt, das sich in seiner Verfolgung erschöpft, in seiner Hervorbringung verausgabt hat, als solches zu regenerieren und das heißt in einer Verfassung wiederherzustellen, die es ihm erlaubt, ersteres ein weiteres Mal anzustreben, aufs neue hervorzubringen, da scheint als Reichtum das Arbeitsprodukt vielmehr geeignet, das Subjekt dieser zirkulären Immanenz von Selbstverzehr und Verzehr, Produktion und Konsumtion überhaupt zu entrücken und nämlich der Transzendenz eines alle Regenerationsnotwendigkeit kurzerhand erübrigenden veritablen Gattungswechsels teilhaftig werden zu lassen. Und wo also der Konsum und Verbrauch der Früchte seiner Arbeit dem Subjekt, das diese als Lebensmittel realisiert, nur gerade die Restauration der für ihre Hervorbringung aufgewendeten und für ihre neuerliche Herstellung erforderlichen Arbeitskraft gewährleistet, da eröffnet dem Subjekt, das diese Früchte der Arbeit als Reichtum wahrnimmt, ihr Konsum und Gebrauch vielmehr den Eintritt in ein aller restaurativen Rücksicht sich entschlagendes und jeglichen Kraft-durch-Freude-Mechanismus außer Kraft setzendes Nutznießungsverhältnis sui generis.

Dabei ist die Eigenschaft der Hervorbringungen menschlicher Arbeit, als Reichtum zu figurieren, und ist die Potenz, die sie in dieser ihrer Eigenschaft verkörpern, die Transzendenz, die sie bedeuten, der Transport, den sie verheißen, durchaus nicht etwa an einen qualitativ besonderen Zustand der Arbeitsprodukte geknüpft, geschweige denn von einer besonderen Natur der Arbeitsprodukte abhängig beziehungsweise auf eine besondere Klasse von ihnen beschränkt. Wo das eine oder das andere der Fall scheint, wo es also auf den ersten Blick der historische Traditionswert, die handwerkliche Kunstfertigkeit, die empirische Seltenheit oder die natürliche Kostbarkeit scheint, was den Arbeitsprodukten ihren Wert verleiht, d.h. ihnen den Charakter von Reichtum vindiziert, da stellen sich bei näherem Zusehen diese vermeintlich realen Qualitäten und objektiven Charakteristika ebensowohl als stellvertretende Ausdrücke und symbolische Kennzeichen heraus, deren die gesellschaftliche Konvention sich bedient, um der in ihrer reinen Universalität ebenso unanschaulichen wie in ihrer schieren Potentialität unbehaftbaren Eigenschaft Reichtum zu einer dennoch zitierbar eigentümlichen Repräsentanz und verfügbar eigenständigen Erscheinung zu verhelfen.

Wenn überhaupt jene Eigenschaft in den Arbeitsprodukten unmittelbar anschaulich wird, wenn überhaupt Reichtum an den Hervorbringungen menschlicher Arbeit als solcher in Erscheinung tritt, so nicht als qualitative Bestimmtheit, sondern als ein quantitatives Verhältnis. Reichtum wird dort als Eigenschaft vorstellig, wo die menschliche Arbeit ein Mehrprodukt schafft, Überschuß erzielt, wo sie mehr, als für den Zweck einer zirkulären Konsumtion, den Zweck einer Regeneration des Arbeitenden selbst und Reproduktion seiner Arbeitskraft erforderlich, hervorbringt. Diese die Bedarfsdeckung überschreitende Mehrproduktion, diese als Überschußerzeugung quantitative Anhäufung von Arbeitsprodukten, ist es, was an irgendeinem, unvorhersehbar bestimmten Punkt das Maß einer bloß regenerativen Orientierung, einer ausschließlich reproduktiven Determination voll sein läßt und damit jenen qualitativen Sprung und Umschlag herbeiführt, durch den aus mehr oder minder vielen Körnern ein Haufen, aus einem mehr oder minder großen Quantum Lebensmittel unerschöpflicher Reichtum wird und durch den an die Stelle der Erfahrung einer bestenfalls relativen Subsistenz, Sättigung und Befriedigung das jedenfalls absolute Erlebnis von Überfluß, Fülle, Pleroma tritt. Ein die Arbeitsprodukte im Zuge ihrer quantitativen Vermehrung in toto ereilender Wechsel des Maßes ist es, was die Eigenschaft Reichtum in Erscheinung treten läßt, – und nicht etwa die jenen Wechsel des Maßes höchstens und nur symbolisch zu repräsentieren und in permanenter Anschauung zu erhalten fähige, qualitativ besondere Existenz eines Panoptikums von natürlicher- oder historischerweise wertvollen Dingen im Universum der empirischer- oder traditionellermaßen brauchbaren Gegenstände. [ 1 ]

Der Punkt, an dem dieser Wechsel im Maß, dieser Umschlag von Lebensmittel in Reichtum sich ereignet, ist ein unvorhersehbar bestimmter. Unvorhersehbar, weil seinem Eintreten keinerlei kriterielle Veränderung in der Sache, keinerlei maßgeblich objektiver Prozeß und also nichts vorauszugehen scheint, was ihn als diskursives Ergebnis und schließliche Konsequenz nachvollziehbar, geschweige denn antizipatorisch erkennbar werden ließe. Und dennoch bestimmt, weil sein Eintreten von Vorgängen auf der Subjektseite gefolgt und vielmehr koinzidentiell begleitet ist, die ihn als eingetretenen unmißverständlich markieren. Für sich genommen, liefert die rein quantitative Akkumulation von Lebensmitteln weder einen Hinweis auf, noch einen Anhaltspunkt für das schließliche Ereignis des als förmlicher Wechsel im Maß und veritabler Sprung im Kontinuum qualifizierten Resultats Reichtum. Wodurch dies Ereignis vielmehr als Fait accompli unter Beweis gestellt wird, ist die mit geradezu reflexologischer Spontaneität auftretende Reaktion, die es auf der Seite des Subjekts hervorruft. Diese Reaktion, wenn anders man den ausgelösten Vorgang überhaupt so nennen kann, ist allerdings auffällig und monströs genug. Sie hat, je nach dem Blickwinkel, unter dem man sie betrachtet, den Charakter einer das Subjekt befallenden Dissoziation beziehungsweise die Form eines das Subjekt heimsuchenden Wech sels der Identität. Indem das produzierende, Arbeitsprodukte als Lebensmittel hervorbringende eine Subjekt sich mit jenem – die bisherige quantitativ unendliche Bestimmung ins definitiv qualifizierte Maß umschlagen lassenden – Sprung im Kontinuum konfrontiert und mithin selber im Begriff sieht, aus der habituellen Immanenz einer im Sein fürs Lebensmittel bestehenden Selbsterhaltung herauszuspringen und in die existentielle Transzendenz einer qua Leben im Reichtum sich entfaltenden Selbstverwirklichung überzuwechseln, reagiert es darauf mit einer – wie man will – Spaltung oder Verdoppelung seiner selbst, in deren Konsequenz es das Fait accompli der potientia ihm sich eröffnenden differenten Perspektive und sich erschließenden neuen Dimension mit stereotyper Zwangsläufigkeit als je schon bezogen auf und vielmehr relativiert durch das Factum brutum eines eben diese differente Perspektive und neue Dimension ihm actu verstellenden, streitig machenden und vorenthaltenden regelrechten Doppelgängers und förmlichen Alter ego erfährt. Und so stereotyp und zwangsläufig ist diese im Augenblick der Verwandlung von Lebensmitteln in Reichtum dem produktiven Subjekt widerfahrende Selbstentzweiung oder Selbstentäußerung, daß in der Tat das Auftreten eines ante portas des Reichtums dem produktiven Subjekt Konkurrenz machenden Doppelgängers und den Rang ablaufenden Alter ego zum obliquo modo sichersten Kennzeichen und post festum untrüglichen Beweis für den tatsächlichen Eintritt jenes, für sich genommen, unvorhersehbar flüchtigen Augenblicks der Verwandlung und als solcher ungreifbar kursorischen Umschlagspunkts wird.

Unmittelbar – und das heißt im Mittel seiner als unvordenkliche Routine geübten Tätigkeit und zur zweiten Natur herausgekehrten Arbeit – findet das Subjekt sich gleichermaßen eingespannt in den Wechsel und eingebunden in den Zirkel von Produktion und Konsumtion, von Produktion dessen, was es zum Leben braucht, und Reproduktion des Lebens selbst, von Hervorbringung der Lebensmittel durch die Arbeitskraft und Regeneration der Arbeitskraft durch die Lebensmittel. In solchem permanent polaren Hin und Her, solchem kontinuierlich antithetischen Auf und Ab bleibt für entscheidende Augenblicke keine Zeit und ist für Identitätskrisen kein Platz. Das ändert sich erst, wenn aus den strukturell ebenso systematischen wie historisch akzidentiellen Gründen sei’s einer quantitativen Erhöhung der Arbeitsleistung, sei’s einer qualitativen Intensivierung der Produktivität, sei’s einer Verbesserung der natürlichen Arbeitsbedingungen mit einer gewissen Beständigkeit ein Überschuß an Arbeitsprodukten hervorgebracht, ein Mehrprodukt geschaffen wird. Sobald dies der Fall ist, machen die Arbeitsprodukte insgesamt Miene, die Couleur zu wechseln, nehmen sie allesamt jenen differenten Charakter an, der sie dem Reproduktionszirkel entfremdet und aus einem immanenten Umschlagsplatz in einen transzendenten Springpunkt, aus einem Moment des immer gleichen Wechsels in den Augenblick einer unvergleichlichen Neubestimmung, kurz, aus Lebensmitteln in Reichtum konvertiert, stellen sie in toto jene von Grund auf andere Orientierung unter Beweis, in deren Verfolgung sie aufhören, bloße Subsistenzmittel zu sein, und sich anschicken, ein schieres Transportmittel zu werden, schlagen sie durchgängig jene fundamental neue Richtung ein, in deren Konsequenz sie dem Subjekt, statt es im Status quo zu reaffirmieren, es als solches immer wieder zu regenerieren, vielmehr einen veritablen Gattungswechsel eröffnen, eine regelrechte Initiation in Aussicht stellen. Im Überfluß vorhanden, zeigen die Arbeitsprodukte sich im Begriff, dem Subjekt eine im Vergleich zu seinem subsistierenden Dasein und auskömmlich zirkulären Bestehen von Grund auf andere Perspektive und ab ovo neue Dimension zu erschließen. Aber kaum daß sie dies tun, findet das Subjekt sich von eben der Spaltung seiner selbst beziehungsweise personalen Verdoppelung betroffen, die es der augenblicklich eröffneten Aussicht augenblicklich auch wieder beraubt. In ein und demselben Moment, in dem die Produkte seiner Arbeit ihm in ihrer ebenso initiativen wie transportativen neuen Funktion erscheinen, muß das Subjekt feststellen, daß sie ihm zwar erscheinen, aber einem ex improviso ihrer neuen Funktion zugleich erscheinenden Doppelgänger seiner selbst, einem ex machina ihrer konversionshaften Umfunktionierung auftretenden anderen Subjekt gelten. Auf dem Sprung, die Produkte seiner Arbeit in dieser ihrer, den Regenerationszirkel eines bloßen Subsistenzverhältnisses zu durchbrechen bestimmten, generisch differenten Eigenschaft als Reichtum wahrzunehmen, muß das betroffene Subjekt erfahren, daß es sie in dieser Eigenschaft zwar wahrnimmt und realisiert, aber ein ihm Konkurrenz machend anderes, per modum der neuen Eigenschaft unvermittelt provoziertes Subjekt sie für sich reklamiert und in Anspruch nimmt.

Identitätswechsel im Individuum

Diese Konkurrenzdynamik oder vielmehr Identitätsdialektik, die ihn just in dem Augenblick um die wahren Früchte seiner Arbeit bringt, in dem er sie zu ernten im Begriff steht, erfährt der einzelne gewissermaßen am eigenen Leib und von Kindesbeinen an. Er lernt atmen, essen, laufen; und im Moment oder Stadium des Lernens reicht das, was er dadurch hervorbringt, nur gerade dazu hin, ihn bei der Stange der jeweiligen Tätigkeit zu halten, ist das, was er durch die Tätigkeit erwirbt, nur eben das Lebensmittel, das ihm gestattet, jene fortzusetzen beziehungsweise wiederaufzunehmen. Er atmet um des Atmens, genauer: um der Verschnauf- und Erholmomente willen, in denen die geschöpfte Luft über den Blutkreislauf die erschöpfte Atemmuskulatur in den Stand versetzt, aufs neue Luft zu schöpfen. Er ißt um des Essens, genauer: um der Verdauungs- und Sättigungspausen willen, in denen die aufgenommene Nahrung ihm per Assimilation durch den Körper die Kraft verleiht, aufs neue Nahrung aufzunehmen und zu verarbeiten. Er läuft um des Laufens, genauer: um der Ruhe- und Haltepunkte willen, in und an denen die erlaufene Position ihm die Gelegenheit gibt, die für einen neuen Laufversuch nötige Sammlung, Balance und Orientierung zu gewinnen. Wegen der Unfertigkeit und Ungeschicktheit, mit der der einzelne anfänglich die Tätigkeit übt, sind der Kraftaufwand und Selbstverbrauch, den sie ihm abverlangt, so groß beziehungsweise die Zweckdienlichkeit und Effektivität, die sie beweist, so gering, daß das erzielte Ergebnis mit knapper Not dazu taugt, die Tätigkeit als solche in Gang zu halten und nämlich die für ihre Praktizierung erforderliche Grundlage wiederherzustellen oder zu sichern, und daß also auch der einzelne selbst in jenen ebenso kontinuierlichen wie wechselvollen und ebenso einmütigen wie doppelsinnigen Kreislauf eingebunden bleibt, der der Zirkel des mittels seiner Produktionen als solches sich reproduzierenden Daseins, des in den Lebensmitteln, die es hervorbringt, als solches sich regenerierenden Lebens ist. Indes ändert sich dies zirkuläre Verhältnis nur zu bald, beim Atmen schon nach kürzester Zeit. In dem Maß, wie die funktionelle Perfektionierung, zu der das Einüben in die Tätigkeit verhilft, und die organische Kräftigung, die die einfache Wiederholung der Tätigkeit mit sich bringt, eine zugleich qualitative Verbesserung und quantitative Erhöhung der Arbeitsleistung zur Folge haben, fängt der einzelne an, ein Mehrprodukt hervorzubringen. In dem Maß, wie er aus einem ebenso leicht erschöpften wie ungeschickten Lernenden in einen ebenso kraftgesättigten wie perfekten Routinier sich verwandelt, beginnt er Überschuß zu produzieren. Er schöpft mehr Atem, als für den Akt des Atemholens selber unabdingbar; er nimmt mehr Nahrung zu sich, als für den Prozeß der Nahrungsaufnahme als solchen nötig; er erläuft sich mehr Positionen, als für die Erhaltung und Sicherstellung der Bewegungsfähigkeit in abstracto erforderlich. Und indem er dies tut, kann er, was er hervorbringt, für anderes und mehr verwenden als bloß für die Aufrechterhaltung der als der Status quo wohlversta ndenen Tätigkeit des Hervorbringens als solcher, kann er mit dem Überfluß, den er produziert, mehr und anderes anfangen als eben und nur die Wiederherstellung der für eine neuerliche Produktion erforderlichen Ausgangsbedingungen und nötigen Initialfaktoren.

Indes, nicht eigentlich er gewinnt diese Entfaltungsmöglichkeit und Bewegungsfreiheit, sondern ein anderer in ihm. Nicht er als routiniert Atmender, Essender, Laufender zieht aus dem längeren Atem, der überschüssigen Kraft, dem größeren Spielraum, zu denen die Routine verhilft, den Nutzen nicht im Atmen sich erschöpfender Inspirationen, nicht auf die Ernährung beschränkter Vorhaben, nicht in der Bewegung aufgehender Aktivitäten, sondern ein in ihm anderes Ich, dessen auszeichnendes Charakteristikum gerade seine Abstraktion von und Unvermitteltheit mit eben jener routinierten Tätigkeit beziehungsweise tätigen Routine ist. Was dies nutznießend andere Subjekt vom Überschuß produzierenden einzelnen, dem es entspringt, unterscheidet, ist gerade die Tatsache, daß es nicht weniger ex post als sub conditione, nicht weniger im nachhinein als in der Konsequenz der als Überschußproduktion vom einzelnen etablierten Routine in Erscheinung tritt und also in ebenso existentieller Unabhängigkeit von wie konstitutioneller Abstraktheit zu der letzteren sich zu behaupten imstande ist. So wie diese Unabhängigkeit und Abstraktheit dem anderen Subjekt die Freiheit verleiht, sich ungeteilt und vorbehaltlos jenen anderen Perspektiven und neuen Möglichkeiten zu widmen, die auf Grund des produzierten Überschusses an Atem, Kraft oder Spielraum die Routine des einzelnen ihm eröffnet, so gibt sie ihm zugleich die Kaltblütigkeit und Unverfrorenheit, hierbei den routinierten einzelnen selbst ebensosehr als einen in tätiger Routine befangenen Automaten hinter sich und sich selbst zu überlassen wie doch aber auf ihn als einen für das eigene Bestehen unabdingbaren Faktor, ein für die eigene Selbständigkeit unverzichtbares Faktotum, sich permanent und quasi blind zu verlassen. Übertrumpft und ausgestochen von jenem anderen Subjekt, das ex improviso des routinemäßig produzierten Reichtums ihm den Rang abläuft und sich präsupponiert, findet der routinierte einzelne teils ersteres zur selbstbewußt lenkenden Seele des Ganzen erhoben und zur angesichts der Fülle von Möglichkeiten, die die Routine eröffnet, eigenverantwortlich handelnden Person deklariert, teils sich selber zum ebenso selbstlos zureichenden wie bewußtlos grundlegenden Organ herabgesetzt und der Rolle eines zum willfährigen Corpus materialisierten dienstbaren Geists überführt. Nicht daß der solcherart in den Bann seiner eignen Routine geschlagene und ins Faktotum dessen, der als ex improviso anderes Subjekt dem Bann entrinnt, sich verwandelnde einzelne von dem Atem, den er routinemäßig schöpft, selber gar nichts hätte, an der Kraft, die er routinemäßig sammelt, nicht selber auch partizipierte, beim Bezug der Positionen, die er routinemäßig einnimmt, selber ganz und gar leer ausginge. Aber in der Tat findet er sich stricto sensu abgespeist; bemißt sich seine Teilhabe, sein Anteil, sein Profit streng am Prinzip eines – wie immer restriktiv oder großzügig definierten – Regenerationserfordernisses, am Prinzip des Erfordernisses einer Reaffirmation des einzelnen im kreisläufigen Status quo seiner routiniert tätigen Existenz; und fällt das Produkt in seiner überschüssigen Totalität, in seiner ganzen, mit einfachen Reproduktionsansprüchen nicht mehr zu erschöpfenden Fülle, seinem ganzen, als bloßes Lebensmittel nicht mehr faßlichen Reichtum, jenem anderen Subjekt zu, das ex officio seiner unmittelbaren Abstraktion und Befreiung von aller tätigen Routine das Produkt mit Beschlag belegt und das ex cathedra der konstitutiv differenten Einstellung, die seine Unmittelbarkeit ihm ermöglicht, mit ihm wesentlich mehr und anderes als nur noch einmal und immer erneut die routinierte Tätigkeit anzufangen weiß.

Diese dem routinemäßig tätigen einzelnen im Angesicht der Entfaltungsmöglichkeiten, Kraftressourcen und Spielräume, die er sich schafft, widerfahrende Herabsetzung zum leibhaftig beschworenen Geist und automatenhaft organisierten Faktotum in Diensten eines zum alleinherrschend intelligenten Wesen und zur allgegenwärtigen Hauptperson jeglicher Nutznießung sich aufwerfenden anderen Subjekts müßte eigentlich eine tiefergreifende Identitätskrise, um nicht zu sagen umfassende Persönlichkeitsspaltung zur Folge haben. Daß es dazu nicht kommt, verdankt sich am Ende einzig und allein der Bereitschaft des einzelnen, der akuten Schizophrenie, mit der jenes andere Subjekt ihn bedroht, durch eine spontane Identifikation mit dem Aggressor zuvorzukommen. Vor die kruzifikatorische Alternative gestellt, jenem inmitten seiner selbst und auf seinem eigenen Grund und Boden ihm in die Parade fahrenden und den Rang ablaufenden anderen Subjekt entweder um den Preis eines Persönlichkeitszerfalls die Stirn bieten oder aber um den Preis der Selbstaufgabe die Stange halten zu müssen, entscheidet sich der einzelne für das letztere: Er akzeptiert das andere Subjekt als seine eigene Persönlichkeit, adoptiert es als sein höchstpersönliches Ich. Sub specie der distanzlosen Immanenz und vollkommenen Gleichzeitigkeit, in der jenes andere Subjekt ihm widerfährt und sich beweist, bleibt dem einzelnen, will er es nicht auf eine interne Dissoziation und Persönlichkeitsspaltung ankommen lassen, gar keine andere Wahl, als dem Aggressor das Feld zu räumen oder vielmehr sich als das zu jenes Gunsten geräumte Feld zur Verfügung zu stellen. Kaum daß dem einzelnen uno actu seiner Überschuß produzierend routinierten Tätigkeit jenes unversehens andere Subjekt in die Quere kommt und als angesichts der neuen Möglichkeiten alleinherrschende Instanz oder autokratisch handelnde Person sich aufdrängt, läuft er auch schon zu letzterem über, akzeptiert es, eine als Bruderzwist oder Bürgerkrieg zerstörerisch intime Auseinandersetzung vermeidend, als seinen generalbevollmächtigten Vertreter, seinen höchsteigenen Repräsentanten, seine persönliche Identität und setzt in dem Maß, wie er es zum essentiellen Reflexionspunkt, personalen Zentrum, Ich seiner selbst erhebt, sich selbst zu dessen koexistentiellem Garanten, integralem Träger, leiblichem Dasein herab.

So vollständig ist diese mit dem Aggressor vollzogene Identifikation, die aus dem machtvoll generellen Konkurrenten des einzelnen seinen generalbevollmächtigten Repräsentanten, aus einem Pfahl in seinem Fleisch sein gekröntes Haupt werden läßt, daß angesichts dessen jeder Gedanke an eine in solchem Verhältnis vorliegende Konkurrenzdynamik und vollends jede Rede von einer in ihm vorfallenden Identitätskrise wie eine Spitzfindigkeit anmuten muß. Eben deshalb, weil er mit dem, was ihn anficht, immer bereits sich zu identifizieren, durch das, was ihn bannt, immer bereits sich zu reflektieren, in dem, was ihn aussticht, immer bereits sich aufzuheben bereit ist, erfährt der einzelne den unvermuteten Eintritt und unvermittelten Triumph jenes in völliger Gleichzeitigkeit ihm den Rang ablaufenden anderen Subjekts, der ihn andernfalls persönlich betreffen und in eine verheerende Identitätskrise stürzen müßte, immer schon nicht mehr in eigener Person, sondern bloß noch am eigenen Leib, nämlich aus der Perspektive des triumphierenden anderen selbst. Er erfährt den Triumph des anderen an eben dem entäußert eigenen Leib, auf den er sub specie des anderen sich reduziert: als ein im Sinne seiner Identitätsfindung kraft Identifikation mit dem Aggressor verdientes Schicksal oder vielmehr naturgemäßes Ergebnis, als Unterwerfung und Integration der automatenhaft korporalen Unperson, die er ist beziehungsweise als die er sich sub specie des anderen herausstellt, durch eben das selbstbewußt personale Ich, mit dem er sich identifiziert beziehungsweise das er in specie des anderen Geltung gewinnen läßt. Daß unter diesen Umständen nicht überhaupt die ganze Unterscheidung zweier im einzelnen koexistierender Seelen oder Naturen, di e ganze Unterscheidung zwischen dem einzelnen selbst und einem ihm sich oktroyierenden anderen Subjekt, zwischen einem als Faktotum routiniert tätigen Körpergeist und einer als Nutznießer der tätigen Routine frei handelnden Person auf eine schiere Haarspalterei hinausläuft und daß, wie der synthetische, auf einem Identifizierungsvorgang basierende Charakter des vom einzelnen zu sich selber unterhaltenen Verhältnisses halbwegs erinnerbar, so denn die Möglichkeit einer das Verhältnis in Frage stellenden konkurrenzdynamischen Auseinandersetzung oder gar eines das Verhältnis sprengenden identitätskritischen Zerwürfnisses immerhin denkbar bleibt, dafür sorgen einzig und allein die im Verhältnis gelegentlich auftretenden Störungen. Sei’s, daß das frei handelnde personale Ich-Subjekt den routiniert tätigen dienstbaren Körpergeist kräftemäßig-quantitativ überanstrengt und in den physischen Kollaps, die automatische Leistungsverweigerung stürzt, sei’s, daß es ihn konstitutionell-qualitativ überfordert und in den psychischen Widerstand, die symptomatische Fehlleistung treibt, – so oder so vergeht es sich zuweilen gegen seinen eigenen, in seinem Dasein als einzelner ihm vorausgesetzten und zur Verfügung gestellten Grund und läßt damit andeutungsweise jene existentialontologische Differenz sichtbar werden, reißt damit ansatzweise jene identitätskritische Kluft auf, die das einzelne Dasein durch die Herabsetzung und Entäußerung seiner selbst zum Grund oder dienstbaren Geist des ersteren und durch die Identifizierung mit dem ersteren als mit seinem eigenen Ich oder höchstpersönlichen Wesen gerade zu schließen oder wenigstens zu überbrücken bemüht ist.

Subjektwechsel als Geschlechterfolge

In die Enge getrieben durch die strikte Gleichzeitigkeit, in der als unverhoffter Nutznießer des von ihm geschaffenen Reichtums das andere Subjekt ihm widerfährt, kommt der einzelne einer andernfalls unausweichlichen Identitätskrise durch die spontane Identifikation mit dem Aggressor zuvor. Ganz anders aber als in der Sphäre des einzelnen verhält es sich im Rahmen der Gattung. Ein und dieselbe Differenz, die in der Konsequenz der vom einzelnen unmittelbar vollzogenen Identifikation mit seinem Alter ego auf der individuellen Ebene nur mehr andeutungsweise oder höchstens noch symptomatisch sichtbar wird, tritt im generischen Bereich als die sprichwörtliche Figur einer fundamentalen Disjunktion und Ungleichzeitigkeit der Instanzen klar und überdeutlich zutage. Wie der einzelne als solcher erfährt auch die Gattung in toto die bannkräftige Macht und unwiderstehliche Gewalt einer ex improviso des Reichtums und Überflusses, den sie hervorbringt, ihr erwachsenden personalen Alternative und den Rang ablaufenden subjektiven Konkurrenz; aber sie erfährt sie nicht als eine ihr drohende Aufhebung vor Ort, als sie ereilenden Identitätswechsel, sondern als ihr bevorstehende Ablösung in der Zeit, als sie heimsuchende Generationenfolge. Wie als förmlicher Gemeinplatz feststeht, sind es andere, die das ernten, was wir gesät haben, sind es die Nachkommen, Nachfahren, folgenden Generationen, die in den Besitz und Genuß dessen gelangen, was die Gattung hier und jetzt, die gegenwärtige Generation, mit ihrer Hände Arbeit an Reichtümern hervorbringt. Im Verlauf der Gattungsgeschichte sind es mit sentenziös stereotyper Regelmäßigkeit Spätere, Nachkommende, denen das, was die Früheren, Vorangehenden im Schweiße ihres Angesichts schaffen und aus eigener Kraft ins Werk setzen, am Ende zuteil wird und zu guter Letzt zur Verfügung steht. Gleichgültig, ob das Geschaffene ihnen in pejorativer Bedeutung als unverdiente Beute in die Hände fällt, ob sie ein von früheren Generationen als ihren Vorgängern Gestiftetes, Angehäuftes, Aufgebautes verschleudern, vergeuden, vertun oder ob ihnen das Geschaffene in affirmativem Sinn als rechtmäßiges Erbe anheimfällt, ob sie ein von früheren Generationen als ihren Vorläufern Vorbereitetes, Angelegtes, Gegründetes nutzen, genießen, verwirklichen – so oder so sind es die Nachgeborenen, denen das, was die Gattung hier und jetzt produziert, schließlich zu eigen wird und zugute kommt, sind es die Kinder, die im Klappmechanismus sprichwörtlicher genealogischer Paradoxie schließlich den Lohn für die elterliche Arbeit ernten, die Erfüllung, nach der die Eltern gestrebt haben, erlangen, in das gelobte Land, das die Eltern aufgetan haben, an deren Statt einziehen.

Dabei ist diese sprichwörtlich stereotpye Ersetzung der sorgenden Eltern durch die erbenden Kinder, des Lebensmittel als Reichtum produzierenden vorangehenden Geschlechts durch die den Reichtum als solchen realisierende nachkommende Generation weder ein äußerer Kontingenz, der Kürze menschlichen Lebens, geschuldetes Zufallsprodukt, noch ein innerer Teleologie, der Erhaltung der menschlichen Gattung, verpflichtetes rationelles Erfordernis. Mag noch so häufig zur Erklärung des Versäumnisses der produzierenden Generation, sich selber in den Genuß der Früchte ihrer Arbeit zu bringen, und ihrer Eigenart, die Nutznießung des Geschaffenen vielmehr der nachfolgenden, nächsten Generation zu überlassen, der historische Zufall äußerer Abhaltungen, verpaßter Gelegenheiten, vorzeitigen Ablebens bemüht werden; diese Erklärungen bleiben allein schon durch die tödliche Regelmäßigkeit und quasi naturgesetzliche Stereotypie des angeblichen Zufalls, den sie bemühen, in ihrem Scheincharakter entlarvte Rationalisierungen, die über den im Gegenteil objektiven Zwang und systematischen Charakter der zwischen den Generationen unfehlbar eintretenden Funktionstrennung, um nicht zu sagen Arbeitsteilung schwerlich hinwegtäuschen können. Nicht anders als auf der individuell-anthropologischen Ebene beim Verhältnis zwischen dem einzelnen selbst und seinem als unmittelbar anderes Subjekt ihm sich oktroyierenden personalen Ich scheint auch im generell-genealogischen Bereich die von der elterlichen Generation ausgebildete Routine mit einer schließlichen Nutznießung des auf solchem Wege Geschaffenen ebenso prinzipiell unvereinbar wie diese Nutznießung essentiell geknüpft an die ganz unvermittelte Position und dezidiert abstrakte Einstellung, die die nachkommenschaftliche Generation der elterlichen Arbeitshaltung gegenüber an den Tag legt. Und mag auch noch so oft und noch so nachdrücklich die im entscheidenden Augenblick vollzogene genealogische Substitution der werkschaffenden Eltern durch die nutznießenden Erben von den Betroffenen selbst als eine aus eigenem Antrieb vollzogene Delegation reaffirmiert und als ein aus freiem Instinkt oder sittlichem Willen vollbrachter Akt elterlicher Selbstlosigkeit und Aufopferung gutgeheißen werden; – diese Reaffirmation bleibt eine sekundäre Bearbeitung des Verhältnisses, die das pointiert besondere Problem eines angesichts der Hervorbringung von generischem Reichtum funktionsbedingten Sprungs in der Gattung und genealogischen Subjektwechsels in das gemeinplätzig allgemeine Phänomen einer auf Grund der Vergänglichkeit menschlichen Lebens naturgegebenen Geschlechterfolge und Fortpflanzung der Gattung zurückeskamotiert und so aus der äußersten Not eines schicksalhaft unwillkürlichen Mechanismus, der allem Anspruch auf generische Kontinuität offen ins Gesicht schlägt, die übliche Tugend einer sittlich freien Handlung macht, die klärlich dem Arterhaltungserfordernis korrespondiert. Analog zu den Verhältnissen auf der individuell-anthropologischen Ebene scheint auch im generell-genealogischen Bereich die als veritabler Identitätswechsel firmierende Ersetzung des einen durch das andere Subjekt so ganz und gar keine Sache des freien Willens oder der reiflichen Überlegung und so voll und ganz das Ergebnis eines ebenso überstürzt wie zwanghaft reflexologischen Automatismus, daß jeder Versuch einer nachträglichen motivationalen Affirmation und intentionalen Anerkennung jenes Resultats durch die Betroffenen eine – bei aller Bedeutung für den psychischen Haushalt der letzteren – objektiv leere, rationalisierende Geste einer Rechtfe rtigung oder Akklamation dessen bleibt, was ohnehin der Fall ist.

Genausowenig aber wie auf der Ebene des einzelnen führt im Bereich der Gattung diese ebenso unabwendbare wie unvorhersehbare Substitution des einen durch das andere Subjekt zu einer tatsächlichen Konkurrenzdynamik, einer ernsthaften Identitätskrise. Und zwar wird im generell-genealogischen Bereich die Identitätskrise durch das exakte Gegenteil dessen abgewendet, was sie auf der individuell-anthropologischen Ebene verhindert: nämlich durch ein dem dortigen Übermaß an Gleichzeitigkeit aufs Haar korrespondierendes Zuviel an Ungleichzeitigkeit zwischen den Konkurrenten. Wie die exakte Gleichzeitigkeit, in der auf der individuellen Ebene der ex improviso erscheinende personale andere neben dem routiniert tätigen korporalen einzelnen auftritt, diesen zwingt, sich mit jenem als wohlverstandenem Aggressor auf Anhieb zu identifizieren, so erlaubt die ungefähre Ungleichzeitigkeit, in der im genealogischen Bereich die nutznießend lachenden Erben den werkschaffend strebenden Erwerbern nachfolgen, diesen, sich jene als wohlverstandene Sukzessoren in einem Verhältnis generationenmäßiger Disjunktion vom Leibe zu halten. Das Resultat ist in beiden Fällen das gleiche: Im einen wie im anderen Fall geht der statthabende Subjektwechsel ohne einen zwischen den Konkurrenten ausbrechenden Konflikt, und also ohne daß der Auftritt des Substituts beim Substituierten eine Identitätskrise auslöste, vor sich. Im einen – dem individuell-anthropologischen – Fall schafft es der einzelne durch seine als paradoxe Vorwärtsstrategie der Not perfekter Gleichzeitigkeit entsprungene Identifikation mit dem Aggressor, der Konfrontation mit dem letzteren sich dergestalt zu entziehen, daß er dessen Konkurrenz nur noch am eigenen, selbstverleugnend willfährigen Leib und jedenfalls nicht mehr in eigener, mit dem Konkurrenten unwiderruflich identifizierter und in dessen unmittelbarem Eigenwillen jenseits aller identitätskritischen Verwicklungen todsicher aufgehobener Person erfährt. Im anderen – dem generell-genealogischen – Fall gelingt es der jeweiligen Generation durch eine als natürliches Trägheitsverhalten die Chance ungefährer Ungleichzeitigkeit nutzende Disjunktion vom Sukzessor der Konfrontation mit dem letzteren so völlig auszuweichen, daß sie dessen Konkurrenz gar nicht mehr als solche wahrnimmt, sondern nur noch als Aufruf zur fürsorglichen Solidarität und Angebot zu identitätserweiternder Partizipation realisiert. Dort, auf der individuellen Ebene, ist der Konkurrenzdruck, dem der andere den einzelnen aussetzt, so gleichzeitig, stark und direkt, daß der einzelne gezwungen ist, sich selber zu transformieren und dem System des anderen als dessen ebenso untergeordneter wie tragender Bestandteil einzuverleiben. Hier, im Gattungsbereich, ist der Konkurrenzdruck, den die Nachkommen auf die betreffende Generation ausüben, so ungleichzeitig, schwach und oblique, daß diese die Möglichkeit hat, jene umzufunktionieren und in ein ebenso marginales wie integrierendes Moment der eigenen genealogischen Perspektive zu verwandeln. Zu einem konkurrenzdynamisch gespannten Verhältnis oder gar einer identitätskritisch zugespitzten Situation kommt es weder hier noch dort.

Das gesellschaftlich andere Subjekt

Zu einem konkurrenzdynamisch gespannten Verhältnis beziehungsweise einer identitätskritisch zugespitzten Situation kommt es allererst in der dritten von jener automatischen Konkurrenzstruktur oder zwangsläufigen Identitätsdialektik gezeichneten Sphäre: nämlich im speziell-soziologischen Zusammenhang. Erst in dieser zwischen der individuell-anthropologischen Ebene und dem generell-genealogischen Bereich das mittlere Allgemeine bildenden Sphäre gesellschaftlicher Assoziation kommt überhaupt das Subjekt dazu, den ebenso unberechenbaren wie todsicheren Substitutionsakt, dem es im Resultat des von ihm selber geschaffenen Reichtums zum Opfer fällt und den es sei’s auf der Ebene individueller Integration durch Identifizierung mit dem Aggressor unterläuft, sei’s im Bereich generischer Kontinuität durch Solidarisierung mit dem Sukzessor entschärft, als einen es selber in Frage stellenden, ihm als solchem den Prozeß machenden Ersetzungsvorgang wahrzunehmen. Erst im Zusammenhang gesellschaftlicher Assoziation nimmt das Subjekt jenen objektiven – und das heißt im Ergebnis dessen, was es selber ins Werk setzt, sich ereignenden – Vorfall als eben den konkurrenzdynamisch grundlegenden und identitätskritisch entscheidenden Subjektwechsel, der er ist, zur Kenntnis. In der Tat spielt der Mechanismus einer das Subjekt ex improviso seines als Reichtum überschüssigen eigenen Produkts befallenden Spaltung beziehungsweise Verdoppelung im gesellschaftlichen Zusammenhang eine regelrecht beherrschende Rolle.

Gesellschaftliche Assoziation in der menschlichen Spezies dient – anders als bei den übrigen höheren Säugetieren, bei denen der Zweck der Assoziation normalerweise auf die Funktionen der Fortpflanzung der Art und der Selbstverteidigung oder defensiven Selbsterhaltung beschränkt bleibt – auch und wesentlich der Aufgabe der Selbstversorgung oder affirmativen Selbsterhaltung der einander Beigesellten, und zwar in der spezifischen Form, in der die menschliche Spezies diese Selbstversorgung betreibt: nämlich in der Form von – Arbeit genannten – umständlich-analytisch entwickelten und zweckmäßig-systematisch vermittelten Vorgehensweisen zur gezielten Beschaffung beziehungsweise kontrollierten Herstellung der Subsistenzmittel. Die Menschen assoziieren, vereinigen sich, um in ebenso differenzierter wie komplexer Anstrengung sich ihren Lebensunterhalt zu erarbeiten, ihre Lebensmittel zu produzieren. Dabei sind die aus der Vereinigung der Subjekte resultierende und in ihrem Vergesellschaftungszustand gründende arbeitsteilige Differenzierung und kooperative Gemeinsamkeit der Anstrengung keine dem Arbeitsvorgang äußerliche Bestimmtheit, kein ihm aufgesetztes Charakteristikum, sondern wesentliche Bestimmung und inneres Kriterium der Arbeit selbst, und zwar sowohl im Sinne einer konstitutiven Bedingung für den Prozeß der Produktion im allgemeinen als auch im Verstand eines zureichenden Grunds für den Fortschritt der Produktivität im besonderen. Funktionsteilung und Kooperation sind ineins die den Vorgang bestimmenden Momente und die zum Fortschritt disponierenden Faktoren bei der als Arbeit firmierenden menschlichen Subsistenzmittelerzeugung. Bestimmende Momente sind sie, weil allererst durch sie die angegebenen Grundbedingungen für diese spezifisch menschliche Lebensmittelerzeugung objektiv realisierbar werden. Nur wenn die Menschen sich zu einem ebenso arbeitsteilig differenzierten wie kooperativ komplexen Corpus zusammenfinden, sind sie imstande, jener doppelten Forderung einer ineins umständehalber analytisch-operativen Entfaltung und zweckentsprechend systematisch-prozessualen Vermittlung des Arbeitsvorgangs zu genügen, die das Grunderfordernis menschlicher Produktion überhaupt ist. Zugleich aber sind Funktionsteilung und Kooperation zum Fortschritt disponierende Faktoren in dem Maß, wie ihnen eine quasi selbsttätige – weil in der eigenen Logik oder vielmehr Dynamik gelegene – Tendenz zur progressiven Perfektionierung der funktionellen Differenzierung und zur unaufhörlichen Intensivierung der kooperativen Komplexität des durch sie bestimmten Corpus innewohnt. Diese ihnen eingeschriebene Tendenz ist die Bedingung der Möglichkeit für die Erschließung und Nutzbarmachung jenes Reservoirs an schöpferischer Kraft, das im prinzipiellen Charakter, in der spezifischen Form der menschlichen Arbeit als eines gleichermaßen in der analytischen Entwicklung und der systematischen Vermittlung seiner Momente bestehenden Prozesses logischerweise beschlossen liegt und das per modum einer unablässigen Fortentwicklung des analytisch Entwickelten und infinitesimalen Weitervermittlung des systematisch Vermittelten empirischerweise zur Realisierung kommt.

Die durch arbeitsteilige Differenzierung und kooperative Kom plexität bestimmte korporative Vereinigung der arbeitenden Subjekte, ihre in Funktionsteilung und Zusammenarbeit gründende Gesellschaftlichkeit, ist also ebensosehr konstitutive Bedingung für das menschliche Produzieren im allgemeinen wie zureichender Grund für die Entfaltung menschlicher Produktivkraft, die Steigerung menschlicher Produktivität im besonderen. Aber in dieser letzteren Eigenschaft eines zureichenden Grunds für Fortschritte in der Produktivkraft erweist sich die kooperativ-funktionsteilige Vereinigung der arbeitenden Subjekte zugleich als die Bedingung der Möglichkeit und unwillkürliche Basis der sozialökonomisch grundlegenden Veränderung, in der solcher Produktivitätsfortschritt früher oder später resultiert: jener Veränderung nämlich, die sich – ganz nach dem oben beschriebenen Muster – den korporativ Arbeitenden als ein ebenso unabwendbares wie unvorhergesehenes Umschlagen ihrer gewohnt zirkulären Lebensmittelerzeugung in eine exorbitant hyperbolische Produktion von Reichtum aufdrängt und die für das Corpus der Arbeitenden selbst die – ganz im oben beschriebenen Sinn eines veritablen Subjektwechsels – gravierendsten gesellschaftspolitischen Konsequenzen hat.

Indem sie der durch Funktionsteilung und Kooperation ihrem Produzieren zugewiesenen Entwicklungsrichtung Folge leisten und die in dieser Richtung sich ihnen eröffnenden Möglichkeiten zu einer Entfaltung ihrer Produktivkraft wahrnehmen, erreichen auch im speziell-soziologischen Zusammenhang, und das heißt als gesellschaftlich arbeitende Subjekte, die Menschen früher oder später den Punkt, an dem die Summe dessen, was sie produzieren, die Menge dessen, was sie zu ihrer Reproduktion als Produzenten brauchen, dauerhaft übersteigt, an dem sie mithin anfangen, ein Surplus, ein Mehrprodukt zu erwirtschaften, das über den unmittelbaren Zweck einer zirkulären Konsumtion, den Zweck einer Regeneration der arbeitenden Subjekte selbst und Reproduktion ihrer Arbeitskraft, zuverlässig hinausreicht und an dem ex abrupto der kritischen Masse dieser Überschußproduktion jener qualitative Wechsel im Maß erfolgt, durch den aus einfachen Lebensmitteln schierer Reichtum, aus einer gewohnt subsistentiellen Ration ein existentiell neues Medium, aus einem relativ bestimmten Quantum eine absolut differente Totalität wird. Aber kaum daß die gesellschaftlich Arbeitenden diesen kritischen Punkt erreicht haben und des als neues Medium und als differente Totalität von ihnen selber und aus eigener Kraft geschaffenen Reichtums gewahr werden, finden sie sich mit geradezu tödlich anmutender Sicherheit von jener persönlichen Spaltung beziehungsweise personalen Verdoppelung befallen, in deren Ergebnis ihnen aus dem Hinterhalt des neuen Mediums oder ex improviso des differenten Totums als dessen wahrer Besitzer und wirklicher Nutznießer eine politisch andere Art Subjekte beziehungsweise gesellschaftlich neue Klasse Menschen in die Quere kommt. Eine andere Art Subjekte, die – ganz entsprechend den Verhältnissen auf der individuell-anthropologischen Ebene und im generell-genealogischen Bereich – von den korporativ produzierenden Subjekten eben dadurch sich unterscheiden, daß sie mit deren Arbeit nicht das geringste zu schaffen haben und paradoxerweise aber exakt auf diese ihre prinzipielle Abstraktheit gegenüber den Produktionsfaktoren und fundamentale Unabhängigkeit vom Arbeitsprozeß ihren Anspruch auf Inbesitznahme der Früchte der Arbeit der letzteren und ihre Forderung nach Nutznießung des von den letzteren geschaffenen Reichtums zu gründen scheinen. Indem die Arbeitenden mehr, als für ihren Unterhalt im Status quo von Arbeitenden erforderlich, erzeugen, Überfluß produzieren, der ein im Vergleich mit dem Status quo ihres Arbeitslebens anderes und neues Dasein ostentiert, unterliegen sie offenbar dem Zwang, jene andere Art Subjekte beziehungsweise neue Klasse Menschen, die nach Maßgabe ihrer Abstraktheit gegenüber den Entstehungsbedingungen des Produkts mit diesem etwas seiner Andersartigkeit und Neuheit Gemäßes anzufangen versprechen und die im Kriterium ihrer Unabhängigkeit vom Arbeitsprozeß sich als für das Leben im Überfluß a priori disponiert behaupten, quasi automatisch mitzuproduzieren.

Wesentlich nicht für sich selbst, sondern für diese andere Art Subjekte bauen die gesellschaftlich Arbeitenden seit alters – genauer: von Anfang der Entstehung gesellschaftlichen Reichtums an – Häuser, fertigen sie Kleider und Schuhe, fabrizieren sie Verkehrsmittel. Wesentlich für diese differente Klasse Menschen produzieren sie, insofern jener Teil ihrer Hervorbringungen, den sie den ersteren zu überlassen oder gar zuzueignen genötigt sind, Produkt in sichselbstgleich progressiver Bedeutung, in der Bedeutung eines in seiner eigenen objektiven Potenz sich erschließenden initiativen Mediums, Produziertes also in der Eigenschaft von Reichtum ist, wohingegen das, was für sie selber übrigbleibt, Produkt nur im reduktiv eingeschränkten Sinn eines bloß die reale Subsistenz der Produzenten als solcher sicherstellenden reproduktiven Mittels, mithin Produziertes in der Eigenschaft von Lebensmitteln ist. Was aus den Häusern, die die gesellschaftlich Arbeitenden bauen, der Bekleidung, die sie fertigen, den Verkehrsmitteln, die sie fabrizieren, jene andere Art Subjekte gewinnen, sind die aus der objektiven Natur der Produkte erschlossenen Möglichkeiten residentiellen Wohnens, staffierender Ausstattung, freizügig-individueller Beförderung; was die Arbeitenden selber davon haben, ist die durch ihre eigene subjektive Notdurft erzwungene Wirklichkeit beherbergender Unterkünfte, bedeckender Hüllen, routiniert-kollektiven Transports. Und das ist nicht etwa das Ergebnis eines dinglich-reellen Unterschieds zwischen Klassen von Gegenständen, einer quasi natürlichen Differenz zwischen Hütte und Palast, Kittel und Kleid, Karren und Kutsche, sondern die Folge eines objektiv-funktionellen Gegensatzes zwischen Klassen von Subjekten, einer zwischen Arbeiter und Nutznießer, Produzent und Eigentümer, Knecht und Herr ganz und gar praxologischen Disjunktion, einer kraft der Bildung gesellschaftlichen Reichtums primären gesellschaftspolitischen Unterscheidung, zu der alle des weiteren natürliche Differenzierung, aller im übrigen dingliche Unterschied höchstens als sekundäre Versinnbildlichung, symbolischer Beleg sich verhält.

Ganz entsprechend den oben erörterten Verhältnissen auf der individuell-anthropologischen Ebene und im generell-genealogischen Bereich hat auch im speziell-soziologischen Zusammenhang das den Umschlag von Subsistenzmitteln in Reichtum markierende Auftreten einer ex improviso des geschaffenen Reichtums als dessen wahrer Eigentümer und wirklicher Nutznießer sich präsentierenden anderen Art Subjekt für den Schöpfer des Reichtums selbst, das Corpus der in arbeitsteiliger Differenzierug und kooperativer Komplexität gesellschaftlich Arbeitenden, die im Sinne eines veritablen Subjektwechsels gravierendsten Konsequenzen. In der Tat zieht das Erscheinen jener anderen Art Subjekte, die mit dem paradoxen Recht ihrer Abstraktion von allen Produktionsbedingungen und Unabhängigkeit von aller Arbeit das Arbeitsprodukt, den geschaffenen Reichtum, sich höchstpersönlich zu eigen und zunutze zu machen beanspruchen, für die Produzenten selbst die als Umwertung aller sozialen Werte durchschlagendsten gesellschaftspolitischen Veränderungen nach sich. Im Reflexionspunkt jener differenten Klasse Menschen nämlich, die er als seine wahren Eigentümer promoviert und als seine wirklichen Nutznießer in Szene setzt, gewinnt der Überfluß, den das Corpus der gesellschaftlich Arbeitenden im Zuge der Entfaltung der Produktivität der Arbeit hervorbringt, die Bedeutung eines seine eigenen ökonomischen Voraussetzungen, den naturwüchsig unmittelbaren Prozeß, dem er entspringt, reaktiv umwälzenden und systematisch vermittelnden Ergebnisses: Im Reflexionspunkt jener anderen Art Subjekte, die partout nur im Reichtum gründen, verwandelt letzterer sich aus einem ebenso a posteriori wie zwangsläufig konsequierenden Resultat in ein ebenso a priori wie zielstrebig organisierendes Prinzip der Produktion, aus einem überraschenden Schlußeffekt, in dem als in ihrem pikanten Höhepunkt, ihrer paradoxen Krönung, die Subsistenzmittelerzeugung immer aufs neue kulminiert, in den aller Subsistenzmittelerzeugung vielmehr je schon als spekulativer Stachel und schöpferischer Widerspruch zugrunde liegenden planmäßigen Endzweck. Und in dem Maß, wie dies geschieht, wie also im Kriterium jener ex improviso des Reichtums in Erscheinung tretenden neuen Subjektklasse aus der in die Produktion von Reichtum als in ihr ebenso unvermitteltes wie unvorhergesehenes Gegenteil immer wieder a posteriori umschlagenden zirkulär-pragmatischen Lebensmittelerzeugung eine die Lebensmittelerzeugung als ihren ebenso irrelevanten wie selbstverständlichen Bestandteil je schon a priori einbegreifende gezielt-systematische Produktion von Reichtum wird, verändert sich mit der neuen Perspektive auch und natürlich der kraft ökonomischer Funktion soziale Status der diesen Reichtum produzierenden Korporation gesellschaftlich Arbeitender. Als systematische Produzenten eines Reichtums, den prinzipiell andere mit Beschlag belegen, statt als pragmatische Erzeuger von Lebensmitteln, mit denen sie habituell sich selber versorgen, hören die gesellschaftlich Arbeitenden auf, ein einzig und nur der Erhaltung und Sicherung seiner Mitglieder angemessenes unabhängiges Corpus zu bilden, und verwandeln sich vielmehr in ein der Etablierung und Ausstattung jener anderen dienliches und förderliches abhängiges Organ. Aus der bis dahin selbsttätig und in eigener Verantwortung produzierenden freien Assoziation wird ein im Dienste jenes neuen und anderen gesellschaftlichen Subjekts sich betätigender Produktionsapparat. Und wie denn die grundlegende Neubestimmung und durchgängige Umorientierung, die im Kriterium jenes als der Deus ex machina des geschaffenen Reichtums in Erscheinung tretenden neuen Subjekts die gesellschaftliche Produktion ereilt, den kraft ökonomischer Funktion sozialen Status der gesellschaftlich Produzierenden verändert, so zugleich auch den als politischer Charakter sozialen Modus ihres Zusammenschlusses. So wie aus dem selbstmächtigen Corpus ein ausführendes Organ, aus der Tätigkeit im eigenen Interesse eine Funktion in fremden Diensten, aus der naturnotwendig dauernden Veranstaltung zur Selbstversorgung eine zwangswirtschaftlich feste Einrichtung zur Bereicherung anderer wird, so tritt an die Stelle der – gemeinsamer Absicht entspringenden – Assoziation von Subjekten eine – fremder Rücksicht geschuldete – objektive Organisation, an die Stelle des Prinzips einer aus den freien Stücken natürlicher Notdurft sich bildenden Vereinigung das Gesetz einer durch den Zwangsmechanismus sozialer Entfremdung induzierten Vergesellschaftung.

Nicht daß diese gesellschaftspolitisch ebenso weitreichenden wie sozioökonomisch tiefgreifenden Veränderungen allesamt bereits im Augenblick des ersten Erscheinens jener dem Schoße des Reichtums entspringenden neuen Subjektklasse eintreten müßten. Es mag durchaus eine lange historische Entwicklung brauchen, bis der Statuswechsel, den das Auftauchen jener neuen Subjektklasse für das Corpus der gesellschaftlich arbeitenden Subjekte impliziert, und der modale Umbruch, den es für ihren institutionellen Charakter, ihre korporative Verfassung als solche, bedeutet, tatsächlich vollzogen sind. Aber in der Hauptsache der zu verfolgenden Entwicklungsrichtung scheint doch selbst der langwierigste historische Prozeß ad hoc des Erscheinens jenes neuen gesellschaftlichen Subjekts vorprogrammiert. Haben nur erst die gesellschaftlich arbeitenden Subjekte jene andere Subjektart, die ihnen als ein Deus ex machina ihres als Reichtum überschüssigen eigenen Produkts in die Quere kommt, als ebenso wesentliches Resultat wie notwendige Konsequenz ihrer Überschußproduktion zur Kenntnis genommen; haben sie nur erst jene differente Klasse Menschen ex improviso des Reichtums, den sie, die Arbeitenden selbst, hervorgebracht haben, als dessen von seinen eigenen Gnaden etablierten wahren Eigentümer und wirklichen Nutznießer realisiert; haben sie mithin ihre Verdrängung durch jenes neue gesellschaftliche Subjekt, das ihnen aus dem Stand ihres als gesellschaftlicher Reichtum fix und fertigen Produkts heraus und in ostentativer Abstraktheit gegenüber der diesem Produkt zugrunde liegenden gesellschaftlichen Arbeit den Rang abläuft, als ein Fait accompli anerkannt; und haben sie also das Erscheinen jenes von Grund auf neuen Subjekts, mit dem sie sich im ebenso paradoxen wie unerwarteten Resultat ihres eigenen Tuns und Vollbringens konfrontiert finden, als eben den objektiven Subjektwechsel, als der er sich darstellt, akzeptiert, so scheint alles weitere die Sache einer als Konsequenzzieherei quasi logischen Entwicklung und höchstens noch eine Frage der empirisch passenden Zeit und historisch günstigen Gelegenheit. Wenn wirklich das Erscheinen jener neuen Subjektklasse diese anerkannte Bedeutung hat, daß im Augenblick seines Umschlagens aus einer Quantität genossenschaftlich erzeugter Lebensmittel in die Qualität gesellschaftlich produzierten Reichtums das Produkt gesellschaftlicher Arbeit aller habituell natürlichen Rückbindung an seine Produzenten sich entschlägt, um in der objektiv neuen Relation förmlicher Reflexion-in-sich einem dem eigenen Schoß entsprungenen – um nicht zu sagen: aus dem eigenen hohlen Bauch geschöpften – toto coelo anderen Referenzpunkt sich zu übereignen, so ist die tiefgreifende Rückwirkung, die diese reflexive Umorientierung und vielmehr objektive Konversion des Produkts auf den sozioökonomischen Status und den gesellschaftspolitischen Modus seiner Produzenten haben muß, vorhersehbar. Wenn erklärtermaßen der – Lebensmittel in Reichtum verwandelnde – qualitative Sprung im Produkt darin resultiert, daß als neuer Reflexionspunkt des ganzen Prozesses an die Stelle des im Genitivus subiectivus dem Produkt selbstmächtig vorausgesetzten identischen Produzenten ein im Genitivus obiectivus vom Produkt eigenmächtig gesetzter differenter Prätendent oder vielmehr an die Stelle des im Genitivus productivus dem Produkt zugrunde liegenden subjektiv motivierten einen Urhebers ein im Genitivus possessivus dem Produkt sich unterstellender objektiv promovierter anderer Eigentümer tritt, so kann der dergestalt substituierte Produzent und verdrängte Urheber auf Dauer gar nicht umhin, einer der anerkannten Objektivität der Ersetzung und akzeptierten Endgültigkeit der Verdrängung entsprechenden objektivierenden Umzentrierung und finalen Neuordnung seiner Verhältnisse stattzugeben. Nach und nach muß er dies in Reichtum umgeschlagene Produkt in die Revision jenes ihm entspringenden differenten Bezugspunkts treiben und als dessen prinzipielles Objekt und systematisches Eigentum aus einem unvermittelten Schlußeffekt in den maßgebenden Endzweck aller Produktion transformiert sehen und zugleich sich, den Produzenten selbst, mittels dieses ihm zur Auflage gemachten und als der neue Endzweck ausgesetzten revidierten Produkts der Autorität jenes als die Revisionsinstanz figurierenden anderen Bezugspunkts unterworfen und aus einem in eigener Sache operierenden selbständigen Corpus in ein in fremden Diensten laborierendes abhängiges Organ umgewandelt finden.

Eben das allerdings: die Wahrnehmung jener ex improviso des Umschlags von Lebensmittelerzeugung in Reichtumproduktion in Erscheinung tretenden anderen Subjektklasse in der Bedeutung eines resultativ konstituierten, maßgebend neuen Referenzpunkts des ganzen Prozesses; die Realisierung jener als andere Art Subjekte spontanen Setzung und schieren Ausgeburt des in Reichtum umgeschlagenen Produkts in der Rolle einer ex cathedra des Produkts dessen tatsächliche Schöpfer verdrängenden qualitativ differenten Identität; kurz, die Anerkennung jenes Deus ex machina des gesellschaftlichen Reichtums in der Funktion eines als wahrer Eigentümer und wirklicher Nutznießer des letzteren von diesem selbst anstelle der Produzenten in Szene gesetzten konversionshaft anderen gesellschaftlichen Subjekts – eben das ist für das Corpus der gesellschaftlich Arbeitenden die entscheidende Schwierigkeit. Es ist durchaus keine Übertreibung, wenn die als Reflexion-in-sich beschriebene Neubestimmung, die bei seinem Umschlagen in gesellschaftlichen Reichtum das Produkt genossenschaftlicher Arbeit erfährt, in Begriffen einer konversionshaft totalen Abkehr des Produkts von seinen Produzenten, eines kriteriell fundamentalen Bruchs des Reichtums mit seinen Schöpfern dargestellt und also in der ganzen gravierenden Bedeutung eines die letzteren ereilenden pauschalen Enteignungsverfahrens und radikalen Entfremdungsvorgangs aufgefaßt wird. Keine Frage, daß die Art und Weise, wie hier, in der speziell-soziologischen Sphäre, das in Reichtum umschlagende Produkt den Zirkel seiner bis dahin unmittelbar-reduktiven, kontinuierlichen Rückbeziehung auf seine empirischen Produzenten durchbricht und in einer unvermittelt-reaktiven, diskreten Konversionsbewegung einem die letzteren verdrängenden qualitativ differenten Bezugspunkt sich zuwendet, die letzteren selbst, die empirischen Produzenten, in eine abgrundtiefe Identitätskrise stürzen muß. Womit die gesellschaftlich Arbeitenden ex improviso des von ihnen geschaffenen Reichtums sich konfrontiert finden, ist ihresgleichen, sind sie selber, – sie selbst aber in der, wie man will, unendlich generischen Entzweiung oder unüberbrückbar sphärischen Verdoppelung jenes nach Maßgabe der Abstraktheit, die es gegenüber den Produktionsbedingungen im besonderen hervorkehrt, qualitativ anderen Subjekts und im Kriterium der Unabhängigkeit, in der es sich gegenüber dem Arbeitsprozeß im allgemeinen behauptet, absolut neuen Wesens. Und jenen abstrakten Zwilling oder unvermittelten Doppelgänger ihrer selbst sollen sie in der Rolle des mit resultativer Schlüssigkeit an ihre Stelle tretenden tatsächlichen Adressaten des gesellschaftlichen Reichtums zur Kenntnis nehmen; ihn sollen sie mithin in der Funktion des mit objektiver Verbindlichkeit sie zu ersetzen bestimmten wirklichen gesellschaftlichen Subjekts anerkennen; ihn sollen sie als ihr dem Stand der Dinge entsprechendes wahres Selbst, ihre in der Natur der Sache gelegene wesentliche Identität akzeptieren. Fürwahr ein befremdliches, ein unerhörtes Ansinnen! Ein Verlangen, das sie um so härter ankommen muß, als die existentiell-positionelle Distinktion beziehungsweise topisch-funktionelle Differenz, in der ihr Zwilling oder Doppelgänger sich ihnen gegenüber beweist und aus der heraus er seinen Anspruch auf die Rolle des wirklichen gesellschaftlichen Subjekts gegen sie geltend macht, hier, im speziell-soziologischen Zusammenhang, jegliche sei’s den Konkurs forcierenden verschärfenden Konditionen, sei’s zum Kompromiß einladenden mildernden Umstände vermissen läßt und ihnen weder wie auf der individuell-anthropologischen Ebene die geforderte Anerkennung zwingender noch wie im generell-genealogischen Bereich den in der Anerkennung implizierten Subjektwechsel leichter werden läßt. Weder nämlich sehen sie sich wie auf der individuell-anthropologischen Ebene mit dem anderen Subjekt und neuen Selbst in der dynamisch zugespitzten Form unentrinnbarer Immanenz und aggressiver Gleichzeitigkeit konfrontiert, noch finden sie wie im generell-genealogischen Bereich das andere Subjekt in der perspektivisch-entspannten Figur unverfänglicher Transzendenz und versöhnlicher Ungleichzeitigkeit sich vorgesetzt; vielmehr begegnet es ihnen in der topisch entschiedenen Bedeutung einer kategorischen Präsenz und dominierenden Insistenz. Jene klassenförmig anderen Subjekte, mit denen sie sich hier konfrontiert finden, sind ihresgleichen, ihres Wesens, aber sie sind selbständige einzelne, andere Personen; sie sind selbständige einzelne, andere Personen, aber sie sind kein späteres Geschlecht, keine andere Generation. Und weder können sie also wie im individuell-anthropologischen Fall die von jener anderen Art Subjekt ausgehende Anerkennungsforderung durch den Salto mortale einer das Schlimmste, den als selbstzerstörerische Auseinandersetzung intimen Bruderzwist, verhütenden Identifikation mit dem augenblicklich und auf dem Fleck hereinbrechenden Aggressor gegenstandslos werden lassen, noch können sie wie in der generell-genealogischen Situation dieser Anerkennungsforderung durch die Umarmungstaktik einer in gezielt elterlicher Verblendung auf nichts als die Wahrung der Gattungskontinuität bedachten Solidarisierung mit dem früher oder später eintretenden Sukzessor die Spitze abbrechen; vielmehr werden sie hier, im speziell-soziologischen Zusammenhang, mit einer Aufforderung zur ebenso bedingungslosen wie erklärten Kapitulation vor dem hic et nunc erscheinenden Konkurrenten konfrontiert.

Als ihr objektiv wahres Selbst anerkennen sollen die gesellschaftlich Arbeitenden einen Konkurrenten, der in seiner durch keine faktische Immanenz koinzidentiell zugespitzten Präsenz und durch keine futuristische Transzendenz perspektivisch entspannten Insistenz wesentlich nur dadurch vor ihnen sich auszeichnet, daß er von den besonderen Arbeitsverhältnissen, an denen sie selber ihre existentielle Bestimmtheit finden und den planen Verstand ihres Daseins haben, nicht weniger qualitativ als total zu abstrahieren weiß und von dem produktiven Zusammenhang, der ihnen selber ihren faktischen Selbstbezug vermittelt, sich nicht weniger absolut als prinzipiell unabhängig behauptet. Das heißt also, als ihre objektiv bezeugte, wirkliche Identität sollen sie einen Konkurrenten anerkennen, an dem das absolut Neue in seiner abstraktiv pauschalen Verwerfung ihres eigenen faktischen Selbstverhältnisses, seiner disjunktiv unendlichen Ausschließung ihrer eigenen empirischen Identität besteht. Wie sollte eine solche Anerkennung ihnen nicht als Kapitulation par excellence, als schiere Selbstpreisgabe erscheinen? So gewiß die qualitativ andere Konstitution jenes unvermittelt doppelgängerischen Konkurrenten, mit dem als mit ihrer wirklichen gesellschaftlichen Identität sie sich identifizieren sollen, wesentlich in nichts weiter besteht als in der totalen Abstraktheit und prinzipiellen Unabhängigkeit, die er in Ansehung der ihnen eigenen faktischen Beschaffenheit an den Tag legt, so gewiß gewinnt für sie der ihnen abgeforderte Identitätswechsel die krasse Konnotation eines Identitätsverlusts. Was jener in bezug auf ihre eigene empirische Identität ebenso exklusiv abstrakte wie disjunktiv unvermittelte Konkurrent ihnen offenbar zufügt, ist Substitution im unmetaphorisch-vollen Sinn einer rücksichtslos totalen Ersetzung und relationslos prinzipiellen Verdrängung. Und was er ihnen mit seiner Forderung nach Anerkennung zumutet, ist demnach Entfremdung im präzis-paradoxen Verstand der Desertion zu und Identifizierung mit einem ebenso unendlich wie total anderen und ebenso ausschließlich wie prinzipiell Fremden. Weil das, was jenen abstrakt zwillingshaften Konkurrenten von ihnen unterscheidet, nichts weiter ist als die zu qualitativer Andersartigkeit totalisierte unendliche Disjunktion, in der er sich gegenüber dem als gewohnheitsmäßiges Selbstverhältnis ihnen eigenen faktisch bestimmten Dasein verhält, nichts sonst also ist als die zu unendlicher Fremdheit verabsolutierte prinzipielle Ausschließung, in der er sich gegen ihre als unmittelbare Sichselbstgleichheit empirisch entwickelte Identität verwahrt, können die gesellschaftlich Arbeitenden gar nicht umhin, jene Forderung, ihn als ihr objektiv wahres Selbst und als ihre gesellschaftlich wirkliche Identität zur Kenntnis zu nehmen, als ein Ansinnen zu erfahren, dessen Erfüllung für sie in ihrer faktischen Unmittelbarkeit eine Selbstentfremdung ungeheuerlichsten Ausmaßes und mithin die gravierendste Identitätskrise zur Folge hat.

Und nicht etwa wird den gesellschaftlich Arbeitenden die solcherart kruzifikatorische Zumutung dadurch leichter erträglich, daß es der ebenso geheimnisvolle wie erklärte Sachzwang ihres eigenen Tuns ist, was die Forderung ihres Konkurrenten als einen gegründeten Anspruch sanktioniert, ja als diesen Anspruch überhaupt erst konstituiert. V ielmehr ist es im genauen Gegenteil ihre so prozeßförmig objektive Deduktion und produktspezifisch resultative Affirmation, was sie ihnen vollends unverdaulich werden läßt. Daß sie einen durch nichts als durch seine disjunktive Abstraktheit von ihnen sich abhebenden und durch nichts als durch seine exklusive Unvermitteltheit vor ihnen sich auszeichnenden Konkurrenten als ihr wahres Selbst anerkennen sollen, ist schlimm genug; aber daß sie ihn im ebenso unbezweifelbaren wie unverhofften Resultat ihres qua Überschußproduktion eigenen Tuns in dieser Eigenschaft gelten lassen sollen – dies läßt nun vollends die Zumutung zum abgründigen Tort geraten. In der Tat ist es dieser besondere Umstand, der den gesellschaftlich Arbeitenden die in Gestalt jener abrupt anderen Art Subjekte sie ereilende Identitätskrise zum nicht weniger existentiell diskriminierenden als objektiv zwingenden Widerfahrnis, zum psychologisch ebenso unverwindbaren wie empiriologisch unabwendbaren Schicksalsschlag werden läßt. Daß es die Frucht ihrer eigenen Fron und Arbeit ist, was jener ihnen gegenüber anderen Art Subjekte zur Stellung des objektiv wahren Selbst verhilft, läßt die korporiert Arbeitenden aus bloß entschieden Unterlegenen zu entscheidend Hintergangenen, aus bloß hoffnungslos Mißachteten und Entrechteten zu erbarmungslos Verratenen und Verkauften werden. Daß es das Produkt ihrer eigenen Hände ist, der Reichtum, den sie selber geschaffen haben, was jene differente Identität in all ihrer disjunktiven Unvermitteltheit auf den Schild hebt, spezifiziert das historische Übel des seiner eigenen Schöpfung beraubten Schöpfers zum systematischen Bösen einer von ihrem eigenen Schöpfer abfallenden Schöpfung. Weil das, was jene andere Art Subjekte von den gesellschaftlich Arbeitenden unterscheidet, nur die disjunktive Unvermitteltheit ist, in der sie gegenüber deren faktisch bestimmtem Dasein sich behaupten, nichts sonst als die exklusive Abstraktheit ist, die sie gegenüber deren empirisch entwickelter Identität herauskehren, gewinnt der Umstand, daß es ihr eigenes Produkt ist, was den gesellschaftlich Arbeitenden das Nachsehen gegenüber jener anderen Art Subjekte gibt, die Bedeutung des vom Produkt den Produzenten bewiesenen schwärzesten Undanks, eines an den gesellschaftlich Arbeitenden vom Werk ihrer eigenen Hände geübten finstersten Verrats. Indem in seiner Eigenschaft als Reichtum das Produkt seine gewohnt reproduktive, zirkulär reflektorische Bindung an die unmittelbaren Produzenten der als förmliche Reflexion-in-sich qualitativ und kriteriell neuen Beziehung zu jener ex improviso seiner selbst unvermittelt anderen Subjektivität zum Opfer bringt, macht es sich de facto der besonderen Natur jener anderen Subjektivität einer pauschalen Mißachtung seiner eigenen Existenzbedingungen schuldig, verleugnet es in der Gestalt jenes neuen Reflexionspunkts seine eigene Entstehung und Herkunft. In seiner Eigenschaft als Reichtum läßt sich das Produkt von den Produzenten nur hervorbringen, um im Augenblick seiner Fertigstellung den letzteren ihre Arbeit und Mühe mit dem Undank einer im Kriterium jenes spontan anderen Eigentümers und neuen Herrn exklusiv pauschalen Verwerfung ihrer gesamten faktischen Existenz und disjunktiv totalen Ausschließung ihrer ganzen empirischen Identität zu lohnen. Eben die empirische Natur, der der gesellschaftliche Reichtum sein eigenes Entstehen verdankt, erklärt er in specie jener ihm als solchem entspringenden unvermittelt anderen Subjektivität zum absolut vernachlässigenswerten Modus vivendi und vielmehr unbedingt abzulegenden schlechten Habitus und in der Tat zur regelrechten Kontraindikation und zum förmlichen Ausschließungsgrund für jede zu ihm, dem Reichtum selbst, unterhaltene existentielle Beziehung und für alles an ihm, dem Überfluß als solchem, sich erbauende residentielle Verhältnis.

Daß das neue gesellschaftliche Wesen, mit dem als mit seinem wahren Nutznießer und wirklichen Eigentümer das in Reichtum umschlagende Werk ihrer eigenen Hände die korporativ Arbeitenden konfrontiert, seine – ironisch so zu nennende – spezifische Differenz in der exklusiven Abstraktheit und disjunktiven Unvermitteltheit hat, die es dem gesamten faktischen Dasein und ganzen empirischen Zusammenhang der letzteren gegenüber beweist, muß in dem Maß, wie es für diese jeden Akt der Identifizierung mit ihm zu einer Aktion faktischer Selbstverleugnung und empirischer Selbstentfremdung werden läßt, dem ihnen objektiv angetragenen und gesellschaftlich zugemuteten Identitätswechsel die Bedeutung einer fundamentalen Identitätskrise verleihen. Und daß es partout das Werk ihrer eigenen Hände ist, das solch unerhörte Zumutung für sie bereithält, muß in dem Maß, wie es die ihnen hierbei abverlangte faktisch-private Selbstverleugnung und empirisch-persönliche Selbstentfremdung zur Sache einer vielmehr öffentlichen Diskriminierung erhebt und mit der Sanktion einer quasi offiziellen Exkommunikation versieht, die Identitätskrise zur existentiellen Verzweiflung geraten lassen. Sollen die gesellschaftlich Arbeitenden dieser Verzweiflung nicht erliegen, so können und dürfen sie jene mit Bezug auf sie selber relationslose Abstraktheit des anderen Subjekts, jene hinsichtlich ihrer selbst rücksichtslose Unvermitteltheit des neuen Wesens durchaus nicht hinnehmen. Soll nicht die durch das Werk ihrer eigenen Hände geforderte Kapitulation vor jenem als ihr objektiv wahres Selbst ihnen sich aufdrängenden anderen Subjekt als eine verzweiflungsvolle Kapitalstrafe sich herausstellen, die eben dies Werk ihrer eigenen Hände an ihnen vollzieht, so können die gesellschaftlich Arbeitenden die über ihre eigene faktische Bestimmtheit das unendliche Urteil fällende, ebenso abrupte wie pauschale Bestimmungslosigkeit, in der jenes andere Subjekt ihnen ad hoc erscheint, können sie die ebenso absolute wie totale Indifferenz, in der jenes neue Wesen sich ihnen auf Anhieb vorstellt, unter keinen Umständen dulden. Wollen sie bei der ihnen objektiv angesonnenen Kapitulation vor und Identifizierung mit jener neuen Klasse Mensch nicht die unglücklich-schmähliche Rolle eines von dem, dem es kapitulierend sich darbringt, unbesehen verworfenen Selbstopfers spielen oder die erbarmungswürdig-unselige Figur eines von dem, dem es identifikatorisch sich zueignet, indifferentistisch abgestoßenen Fremdkörpers machen, so müssen sie alles daransetzen, jener anderen Subjektivität sei’s den Schneid ihrer unvermittelt pauschalen Andersartigkeit abzukaufen, sei’s die Spitze ihrer abstraktiv-totalen Fremdheit abzubrechen und sie in eine bestimmte Relation, ein vertretbares Verhältnis zu ihnen, den gesellschaftlich Arbeitenden selbst, zurückzubringen. Das heißt, sie müssen den Versuch machen, aus eigener Kraft, mit eigenen Mitteln und dank eigener Recherchen jenem anderen Subjekt die auf sie selbst und ihr faktisches Dasein bezügliche Relativität, die es von sich aus so peremptorisch-pauschal verleugnet, dennoch nachzuweisen und die sie selbst und ihren empirischen Zusammenhang betreffende Vergleichbarkeit, die es an sich so kategorisch-total ignoriert, dennoch zu vindizieren.

Zwar, das Factum brutum als solches: daß es gerade seine gegenüber ihrem faktischen Dasein bewiesene Abstraktheit und ihrem empirischen Zusammenhang bezeugte Unvermitteltheit ist, was als ein jenes andere Subjekt allein vor ihnen auszeichnendes paradoxes Charakteristikum beziehungsweise ein jenes neue Wesen einzig und nur von ihnen unterscheidendes ironisches Spezifikum ihre eigene Schöpfung offenbar dazu bringt, jenem anderen Subjekt vor ihnen den Vorzug zu geben – dies Factum brutum können die gesellschaftlich Arbeitenden schwerlich aus der Welt schaffen. Aber was sie immerhin erreichen können und bei Strafe einer in existentielle Verzweiflung einmündenden Identitätskrise auch erreichen müssen, ist eine Abmilderung der Brutalität des Fakts und die Zurücknahme jener vom Werk ihrer eigenen Hände verräterisch privilegierten Abstraktheit und pietätlos prämiierten Unvermitteltheit aus einem Zustand der ihnen gegenü ber rein disjunktiven Beschaffenheit und absoluten Indifferenz in den Charakter einer mit Rücksicht auf sie bloß negativen Bestimmtheit und ohne Ironie spezifischen Differenz. Was sie erreichen können, ist eine revidierende Überprüfung oder reflektierende Interpretation, der es gelingt, die Abstraktheit jenes anderen Subjekts, allen abstrakten Prätentionen zum Trotz, als Ausdruck eines bloßen, an ihnen – den gesellschaftlich Arbeitenden – durchaus bemeßbaren differentiellen Abstands nachzuweisen, die Unvermitteltheit jenes neuen Wesens, allem unvermittelten Vorgeben entgegen, als Ausweis eines bloßen, auf sie – die gesellschaftlich Arbeitenden – durchaus beziehbaren wesentlichen Unterschieds vorzuführen, und die es eben damit fertigbringt, den peremptorisch abschneidenden Disjunktiv solcher Abstraktheit zum wie immer amputatorisch einschneidenden Negativ abzuschwächen oder das absolut niederschmetternde Exklusiv solcher Unvermitteltheit zum wie sehr auch relativ überwältigenden Komparativ zu ermäßigen. Nur unter der Bedingung, daß sie imstande sind, jenes andere Subjekt der ad hoc unendlichen Unbestimmtheit, in der es ihnen erscheint, und der unmittelbar vernichtenden Indifferenz, die es ihnen bezeigt, zu entreißen und es in eine – wie sehr auch als kritisches Urteil von ihnen wahrgenommene – komparativ bestimmte Relation zu ihrem eigenen faktischen Dasein zu stellen beziehungsweise in ein – wie sehr auch als Negationsbewegung von ihnen erfahrenes – spezifisch differentes Verhältnis zu ihrem eigenen empirischen Zusammenhang zu setzen und, kurz also, in eine – wie auch immer als ein diskreter Scheidungsprozeß von ihnen begriffene – kriterielle Kontinuitätsbeziehung zu ihrer eigenen, individuellen Existenz zu bringen, können die gesellschaftlich Arbeitenden hoffen, die als unendliches Urteil pauschale Verwerfung, die auf den ersten Blick die Bevorzugung jenes anderen Subjekts durch ihre eigene Schöpfung für sie bedeutet, in eine bei näherem Zusehen einfache, als spezielle Zurücksetzung bestimmte Negation zu verwandeln und damit der existentiellen Verzweiflung zu entrinnen, mit der auf den ersten Blick des ihm vom Werk ihrer eigenen Hände gegebenen unendlich exklusiven Vorzugs jenes andere Subjekt sie bedroht.

Und in der Tat ist eben dies: die das verräterisch-pietätlose Verhalten ihrer eigenen Schöpfung aus einem Fall von unendlichem Urteil in eine Form von bestimmter Negation zu verwandeln bemühte Suche nach einer im Grunde der oberflächlich unendlichen Unbestimmtheit jenes anderen Subjekts dennoch wahrnehmbaren bestimmten Relation zu ihrem eigenen faktischen Dasein, nach einer im Kern der äußerlich totalen Indifferenz jenes neuen Wesens dennoch auszumachenden spezifischen Differenz zu ihrem eigenen empirischen Zusammenhang, die zentrale Reflexionsaufgabe und die wesentliche intellektuelle Okkupation, zu der im Angesicht jenes anderen Subjekts die gesellschaftlich Arbeitenden sich verstehen. Von Beginn der Erfahrung gesellschaftlichen Reichtums an und vornehmlich in den Anfängen dieser Erfahrung, dort also, wo gesellschaftlicher Reichtum eben erst entsteht, gerade erst eine Rolle zu spielen beginnt, zeigen sich die gesellschaftlich Arbeitenden gleichermaßen disponiert und getrieben, dem ex improviso des Reichtums sich ihnen ergebenden existentiellen Selbstbestimmungsproblem und kruzifikatorischen Identitätsdilemma ihre gesamte Reflexionskraft und ihre ganze intellektuelle Aufmerksamkeit zuzuwenden. Überall da, wo ex improviso des just im Entstehen begriffenen Reichtums jene andere Art Subjekt gleichermaßen mit der exklusiven Abstraktheit eines Glückskinds und der disjunktiven Unvermitteltheit eines Wechselbalgs den Produzenten des Reichtums ineins das Nachsehen ihrer ökonomischen Stellung gibt und den Rang politischer Geltung abläuft, haben diese offenbar nichts Vordringlicheres zu tun, als in der unschwer erkennbaren Absicht einer Abschwächung des unendlichen Exklusiv zur spezifischen Differenz und einer Ermäßigung des absoluten Disjunktiv zur relativen Negation dem auf den ersten Blick niederschmetternden Präsentationsgestus und vernichtenden Erscheinungsmodus jenes abstrakten Widersachers und unvermittelten Nebenbuhlers mit ebensoviel Spürsinn wie Reflexionskraft teils seine in bezug auf ihr eigenes faktisches Dasein historisch näheren Umstände abzumerken, teils seine im Verhältnis zu ihrem eigenen empirischen Zusammenhang systematisch genaueren Bestimmungen nachzuweisen. Ergebnis dieser intellektuellen Anstrengung und Ausdruck dieser reflexiven Bemühung ist der Mythos.

Einleitung aus: Ulrich Enderwitz, Reichtum und Religion, Bd.1 (Der Mythos vom Heros), Freiburg (ça ira-Verlag) 1990, S. 11-49

Anmerkungen

[ 1 ]
Allerdings können, wie noch zu sehen sein wird (2. Teil, zur Rolle der aristokratischen Lebensart), qualitative Bestimmungen des Reichtums, seine Besonderung zu Luxusgütern und spezifischen Kostbarkeiten, bei dem Bemühen eine Rolle spielen, den Reichtum als Maßbestimmung zu erhalten und nämlich vor seiner von einem Übermaß der Reichtumproduktion her drohenden Auflösung und Disqualifizierung zu einem in schlechter Unendlichkeit ebenso sinn- wie maßlosen Quantum zu bewahren.

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