Initiative Sozialistisches Forum Freiburg

Programm Winter 2022/23

 

Alle Vorträge finden als Hybrid-Veranstaltungen in Präsenz mit Zoom-Übertragung statt.

Zoom-Link: https://us06web.zoom.us/j/88664348128?pwd=alZJWDZFalJlK2FGclBUMW9BdklGUT09

Aufgrund der eingeschränkten Anzahl an Sitzplätzen am Veranstaltungsort bitten wir um Anmeldung unter jourfixe@isf-freiburg.org. und um das Tragen eines Mund- Nasenschutzes.

 

November

 

Donnerstag, 24. November 2022

Die neuere Pseudo-Linke

In den letzten Jahren hat sich eine neue Form des Aktivismus verbreitet, der zunehmend beginnt, die Praxis in der Linken zu beherrschen: durchtränkt von selbstgerechter Moral und von scheinheiliger Empörung, oberflächlich in der Analyse, dabei aggressiv vorgetragen. Seine Rede klingt vage links; er redet viel von Unterdrückung, aber es scheint beim Zuhören, er rede eigentlich nur von sich selbst. In der heutigen Linken ist alles möglich geworden. Unter dem Namen des Kampfes gegen die Unterdrückung können Dinge vertreten werden, die haargenau aussehen wie die Unterdrückung, gegen die angeblich gekämpft wird. Zum Schiedsrichter wirft sich das selbstzufriedene grünliberale Milieu auf. Die Linke scheint damit zufrieden, dafür die studentischen Stoßtrupps zu stellen. Dieser Zustand soll an folgender Begebenheit beispielhaft dargelegt werden. So hatte der Verein Sisters e.V., der gegen Armutsprostitution arbeitet, einen Informationsabend im Nachbarschaftshaus in Kreuzberg angekündigt. Auf eine Protestandrohung hin wurde der von dem Veranstaltungshaus sofort abgesagt. Die Protestandrohung kam von selbsterklärten Sex-Workern, nämlich einer Sex Worker Action Group, die anscheinend der Interventionistischen Linken nahesteht; und unterstützt u.a. von der Sex Worker Union Berlin, die Teil der FAU Berlin ist. Die Verantwortung für die Absage aber hat das leitende Personal des Nachbarschaftshauses und der Apparat, zu dem es gehört: diese entscheiden letzten Endes, welche Stimmen gehört werden und welche nicht. An diesem Abend wären Frauen zu Wort gekommen, die Prostitution als rassistisches Ausbeutungssystem erlebt haben und beschreiben. Das zu verhindern war gerade das Ziel der Aktion. Der Vortrag untersucht den Zustand der Linken und fragt nach den Gründen für diese Art des Aktivismus.

Es spricht Jörg Finkenberger (Würzburg), Redakteur von Das Große Thier und Autor von Staat oder Revolution (ça ira-Verlag 2015). Der zweite Band befindet sich in Vorbereitung. Um 19 Uhr im Freiburger Büro des ça ira-Verlages, Günterstalstr. 37, im Hinterhof.

 

 

 

Dezember

 

Donnerstag, 15. Dezember 2022

Albert Memmi. Über Kolonialismus, Rassismus, Exil und globale Herrschaft

Am 15. Dezember 1920 in Tunis in eine jüdisch-berberische Handwerkerfamilie geboren und am 22. Mai 2020 in Paris verstorben, war Albert Memmi Zeuge wie Zeitgenosse des von Krisen und Transformationen welthistorischen Ausmaßes und unvorstellbarer Gewalt geprägten 20.sten Jahrhunderts. Als Schriftsteller, Soziologe und öffentlicher Intellektueller hat Memmi versucht, die gesellschaftliche Bedeutung dieser Erfahrung in ihrer ganzen Ambivalenz zu erfassen. Koloniale Herrschaft und nationale Befreiung, Rassismus und Antisemitismus, Herrschaft und Dominanz, Abhängigkeit und Austausch, Exil und Migration sind nur einige seiner Themen. Zu Memmis zahlreichen Schriften gehören der Roman Die Salzsäule (1953), der antikoloniale Klassiker Der Kolonisator und der Kolonisierte. Zwei Porträts (1957), Rassismus (1982) und Porträt des Entkolonisierten (2004). Der Vortrag anlässlich seines 102. Geburtstags erkundet das in Deutschland wenig beachtete Werk und das Leben des Autors.

Es spricht Florian Hessel, Sozialwissenschaftler sowie Publizist. Er ist als Referent in der politischen Bildung und Antisemitismusprävention tätig und Gründungsmitglied von Bagrut e.V., Verein zur Förderung demokratischen Bewusstseins. Um 19 Uhr im Freiburger Büro des ça ira-Verlages, Günterstalstr. 37, im Hinterhof.

 

 

Januar

 

Donnerstag, 12. Januar 2023

Kunst, Identität und die Psychologie der Massen in der Digitalmoderne

Ausgehend von der Beobachtung, dass das Internet wie kein anderes Medium in der Lage ist, Massen zu mobilisieren, wird die Frage untersucht, inwiefern die in Freuds Massenpsychologie und Ich-Analyse entwickelten Thesen zur Analyse von aktuellen identitätspolitisch motivierten (und vorwiegend im Internet stattfindenden) Kunstdebatten beitragen können. Debatten, die durch ein hohes Maß an Affektivität und Unerbittlichkeit charakterisiert sind – und die Tendenz, abweichende Positionen zu dämonisieren. In weiterer Folge wird die These vertreten, dass – über jene Kunstdebatten hinaus – immer absurdere gesellschaftliche und politische Diskurse immer banalere Gegendiskurse provozieren. Und der Frage nachgegangen, ob der Freud’sche Text zum besseren Verständnis auch dieser Phänomene beizutragen vermag.

Es spricht Sama Maani, der nach dem Studium der Medizin und Philosophie und der Tätigkeit als Nervenarzt und Psychoanalytiker als freier Schriftsteller in Wien lebt. Er publizierte unter anderem die Romane Ungläubig (2014)) und Zizek in Teheran (2021) sowie die Essaybände Respektverweigerung. Warum wir fremde Kulturen nicht respektieren sollten. Und die eigene auch nicht. Sechs Essays (2015) und Warum ich über den Islam nicht mehr rede (2022), alle im Drava Verlag erschienen. Um 19 Uhr im Freiburger Büro des ça ira-Verlages, Günterstalstr. 37, im Hinterhof.

 

 

Donnerstag, 26. Januar 2023

Immanuel Kant und der Nationalsozialismus

Gemeinhin wird die bürgerliche Philosophie samt ihrer Menschenrechtsmetaphysik als ausgemachter Gegensatz zum nationalsozialistischen Volkstum begriffen. Während die Vernunft als Aufklärung gegenüber allen Vorurteilen erstrahlt, wird der Nationalsozialismus als sinisterer Rückfall in eine vor- oder zumindest antimoderne Barbarei verstanden. Dass hingegen der oberste aller Aufklärungsideologen, Immanuel Kant, der mit am häufigsten zitierte Philosoph innerhalb der nationalsozialistischen Bewegung war, fällt dabei völlig unter den Tisch.

Dieser Zusammenhang von Kant und Nationalsozialismus soll anhand der Kant’schen Philosophie selbst erklärt werden. Denn in Wahrheit ist Kant nicht nur der Durchsetzungsideologe des modernen Sexismus und Antisemitismus, wie der Vortrag zu zeigen versuchen wird, sondern er hat obendrein den »Rasse«-Begriff in Deutschland eingeführt und mit seinen anthropologischen Schriften die entsprechende Fachdisziplin gegründet. In diesem Kontext sollen auch die nationalsozialistischen Referenzen auf Kant reflektiert und in den Kontext von Aufklärungsvernunft und Ideologiebildungen eingeordnet werden.

Es spricht Daniel Späth, Redakteur der wertabspaltungskritischen Gruppe fractura – Gruppe für kategoriale Kritik. Als Autor beschäftigt er sich vor allem mit Aufklärungskritik, Psychoanalyse und Staatskritik. Um 19 Uhr im Freiburger Büro des ça ira-Verlages, Günterstalstr. 37, im Hinterhof.

 

 

Februar

 

Donnerstag, 9. Februar 2023

Buchvorstellung

»Arbeit, Dienst und Führung. Der Nationalsozialismus und sein Erbe«

Das Verhältnis der Deutschen zu ihrer Arbeit ist eine lange Geschichte eines überhöhten Selbstbildes und eine des Antisemitismus, die der Nationalsozialismus noch einmal radikalisierte. Deutsch soll eine Arbeit sein, die der Volksgemeinschaft dient. Unter Verweis auf »deutsche Arbeit« begründete der Nationalsozialismus nicht nur sein antisemitisches Selbstbild, sondern auch Praktiken der Verfolgung und Vernichtung. »Arbeit, Dienst und Führung« rekonstruiert diese Geschichte und analysiert dieses Selbstbild. Dabei wird der Blick auch ins »Innere« der deutschen Volksgemeinschaft geworfen. Denn hier hat der Nationalsozialismus Formen von Menschenführung entwickelt, die in Managementkonzepten der deutschen Nachkriegsgeschichte fortleben.

Es spricht Nikolas Lelle, der in der Bildungsarbeit tätig ist. Neben regelmäßigen Beiträgen in der Jungle World erschien zuletzt seine Dissertation Arbeit, Dienst und Menschenführung. Eine historisch-philosophische Durcharbeit des Nationalsozialismus und seines Nachlebens (Verbrecher Verlag 2022). Um 19 Uhr im Freiburger Büro des ça ira-Verlages, Günterstalstr. 37, im Hinterhof.

 

 

 

März

 

Dienstag, 2. März 2023

Stadtrundgang

Freiburg im Nationalsozialismus

An exemplarischen Stationen wird gezeigt, was in Freiburg nach 1933 passierte, wie die Arisierung organisiert wurde, welche Menschen wo gelebt haben, die ihre Wohn- und Arbeitsstätten verlassen mussten. An der Universität wird vom Rektorat Martin Heideggers im Frühjahr 1933 die Rede sein. Der Rundgang endet gegen 17 Uhr am Platz der Alten Synagoge. – E. Imbery führt und kommentiert. Treffpunkt um 16.30 Uhr Universität, KG I, Rempartstraße.

 

April

 

Donnerstag, 27. April 2023

Radtour

Freiburg im Nationalsozialismus

An exemplarischen Stationen wird gezeigt, was in Freiburg nach 1933 passierte, wie die Arisierung organisiert wurde, welche Menschen wo gelebt haben, die ihre Wohn- und Arbeitsstätten verlassen mussten. An der Universität wird vom Rektorat Martin Heideggers im Frühjahr 1933 die Rede sein. Der Rundgang endet gegen 17 Uhr am Platz der Alten Synagoge. – E. Imbery führt und kommentiert. Treffpunkt um 17.00 Uhr Universität, KG I, Rempartstraße.