Programm Herbst/Winter 2018/19

 

Donnerstag, 8. November 2018

Stadtrundgang: Freiburg im Nationalsozialismus

An exemplarischen Stationen wird gezeigt, was in Freiburg nach 1933 passierte, wie die Arisierung organisiert wurde und welche Menschen wo gelebt haben, die ihre Wohn- und Arbeitsstätten verlassen mussten. An der Universität wird vom Rektorat Martin Heideggers im Frühjahr 1933 die Rede sein. Der Rundgang endet gegen 17 Uhr am Platz der Alten Synagoge. E. Imbery führt und kommentiert.

Der Treffpunkt ist um 15.00 Uhr am Basler Hof, Kaiser-Joseph-Straße (gegenüber Buchhandlung Herder).

 

Donnerstag, 8. November 2018

Über die Rückkehr des Proletariats. Ursachen und Folgen einer neuen Mythologie

Als die Linke Anfang der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts vom Proletariat Abschied nahm, ging sie wohl davon aus, dass deshalb auch die Klassengesellschaft verschwunden sei. An Stelle der Marx'schen Kritik der Herrschaft trat die postmoderne Theorie, die von den sogenannten großen Erzählungen, von Kapital und Klassenspaltung also, nichts mehr hören wollte. Aber aus Gewohnheit oder um des moralischen Mehrwerts willen machte man sich nun zum Anwalt der Tiere oder gleich der Natur.
Es lässt sich nicht genau ausmachen, wer als erster das Proletariat wieder entdeckte, die bürgerliche Presse oder die Linke. Doch es soll wieder da sein und prompt verbreitet es Angst und Schrecken im Feuilleton, denn es soll verantwortlich für das Erstarken der rechten Parteien sein. Nichts sei mehr übrig von der internationalen Solidarität mit den Verdammten dieser Erde, das Proletariat sei heute chauvinistisch und verkommen. Mit Didier Eribon hat die Linke allerdings eine für sie passende Antwort gefunden, warum sich die Arbeiterklasse so unartig benimmt: weil sich nämlich die Linke und insbesondere deren Intellektuelle nicht um das Proletariat gekümmert hätten. Waren die linken Intellektuellen gerade noch ohnmächtig im Mittelbau der Universitäten gefangen, wittern sie nun Morgenluft als Spin-Doktoren des alten und neuen Subjekt-Objekts der Geschichte. Wie schon an der Rede von der Rückkehr kenntlich wird, wohnen wir einer Farce bei. Unter der Fuchtel dieser Spin-Doktoren wird die Geschichte nämlich zu einem Setzkasten, aus dem sie sich bedienen, wie es ihnen gerade passt.

In dem Vortrag wird es hingegen um die Geschichte der Klassengesellschaft selbst gehen und der Weg des Proletariats in die ‚klassenlose Klassengesellschaft’ nachgezeichnet werden. Insbesondere die Versuche des Instituts für Sozialforschung, mit dieser Entwicklung Schritt zu halten und sie begrifflich zu erfassen, werden vorgestellt. Vor diesem Hintergrund wird dann erneut der Abschied vom Abschied vom Proletariat diskutiert.

Es spricht Niklas Machunsky (Köln), der als Sozialwissenschaftler arbeitet. Um 20 Uhr im Baires, Günterstalstr. 37.
Die selbe Veranstaltung findet am 9. November in Wien statt. Weitere Informationen dazu unter: www.ca-ira.net.

 

Donnerstag, 22. November 2018

Die Spaltung der konfessionellen Identitäten in der syrischen Gesellschaft nach 2011

Der Aufstand in Syrien, der nach sieben Jahren zum Krieg der Anderen mutiert ist, hat viele Auslöser. Er lässt sich in seinem Anfang zuallererst über ökonomische Gründe erklären. Denn er ging von den ärmsten und marginalisiertesten Gebieten aus. Damit war er weder religiös motiviert noch war die objektive Notwendigkeit für ihn eine rein politische. Er war der Anfang einer revolutionären Bewegung und war das Ergebnis der Liberalisierungspolitik und des lähmenden wirtschaftlichen Lebensdruckes, dessen Grundlage Unterdrückung und politische Tyrannei bildeten. Im Laufe des Konflikts wurde der Konfessionalismus in der syrischen Gesellschaft in einer komplexen Weise als politisches Instrument des Machterhalts eingesetzt. Hafez al-Assad anvisierte von Beginn an die Bildung einer neuen Gesellschaft entlang geografischer, religiöser und konfessioneller Spaltungen. Unter Baschar al-Assad wurde diese Politik – besonders nach dem Aufstand 2011 – noch stärker betrieben. Der Zusammenhalt in der syrischen Gesellschaft erfolgt weniger über die Nation oder eine andere Ideologie als über Repression. Im Vortrag wird auch von den Auslösern der Umwälzungsprozess in Syrien, der Spaltung der syrischen Gesellschaft und der Instrumentalisierung der konfessionellen Diversität in Syrien, die gerade in den europäischen Medien als Auslöser des Konflikts projiziert wird, die Rede sein.

Es spricht Huda Zein (Köln), Soziologin an der Universität Köln. Um 20 Uhr im Baires, Günterstalstr. 37

 

Freitag, 7. Dezember 2018

Entscheidung für das, was ohnehin ist. Derridas Begriff der »Demokratie im Kommen« als Durchhalteparole

Jacques Derrida beschäftigte sich zeitlebens mit den Fragestellungen politischer Theologie, wie nicht nur anhand seiner späten Monographie zu Carl Schmitt ersichtlich wird. Auch in seinen stärker unmittelbar politischen Ausführungen spielen diese Überlegungen eine zentrale Rolle. Der Vortrag stellt die Schmitt-Rezeption und -Kritik Derridas dar und wie sich diese Auseinandersetzung im Gerechtigkeitsbegriff niederschlägt, der für das Spätwerk dieselbe Bedeutung erlangt wie die différance für die Frühphase. Dabei ist Derridas explizite Hinwendung zu Carl Schmitt seiner theoretischen Konstruktion und ihren Widersprüchen geschuldet, wie sie zugleich jene mythischen Lösungsversuche zeitigte, von denen nicht zuletzt sein Gerechtigkeitsbegriff Auskunft gibt.

Es spricht Alex Gruber (Wien), der als freier Autor in Wien lebt und Redakteur der sans phrase - Zeitschrift für Ideologiekritik ist. Um 20 Uhr im Baires, Günterstalstr. 37

Korrektur: Wir haben im gedruckten Folder versehentlich Donnerstag, den 6. Dezember, geschrieben. Korrekt ist: Freitag, 7. Dezember.

 

Dienstag, 8. Januar 2019

Buchvorstellung von »Eine Leiche im Landwehrkanal - Die Ermordung Rosa Luxemburgs«

Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht waren mythische Figuren der deutschen Arbeiterbewegung, Revolutionäre und Kriegsgegner – und deswegen mussten sie sterben. Der Mord an ihnen war der erste Spatenstich zur Beerdigung der Weimarer Republik. Ihr Tod vertiefte die Spaltung der Arbeiterbewegung, machte aus Kommunisten Stalinisten und aus führenden Sozialdemokraten Pyrrhussieger. Die sie ermordeten, wurden nicht bestraft, der den Doppel-Mord befahl, der »Kreuzbube der Konterrevolution« (Marc Jones) machte Karriere und die verantwortlichen Sozialdemokraten, die dabei »Schmiere standen« (Hermann L. Gremliza), mussten 14 Jahre später (mit Ausnahme von Gustav Noske) ins KZ oder ins Exil.

Es spricht der Autor und Regisseur Klaus Gietinger. Um 20 Uhr im Baires, Günterstalstr. 37

 

Donnerstag, 24. Januar 2019

Buchvorstellung von Alfred Sohn-Rethel: »Geistige und körperliche Arbeit«
Der vierte Band der Schriften Sohn-Rethels enthält das theoretische Hauptwerk, in welchem der Autor um 1970 erstmalig die Fäden seines Denkens zusammenführt und ausformuliert. Die Texte, die zumeist aus der Zeit des langen englischen Exils nach dem Krieg stammen, kreisen allesamt um den inneren Zusammenhang von Naturwissenschaft und Kapitalismus, die Scheidung von Kopf und Hand als höchste Form der Arbeitsteilung sowie die Perspektiven für Überwindung dieser Teilung in der vergesellschafteten Produktion, aber auch die Gefahr eines neuen Faschismus, wie sie sich aus den strukturellen Problemen der weiterbestehenden kapitalistischen Wirtschaftsweise ergibt. Dem Erfolg dieser Schriften bei den aufbegehrenden Studenten der 70er Jahre verdankt Sohn-Rethel seinen Ruf als Geheimtip kritischer Theorie.
Es sprechen die Herausgeber des Bandes der Ausgabe von Alfred Sohn-Rethel im ça ira-Verlag Françoise Willmann, Germanistin an der Université de Lorraine, und Oliver Schlaudt, Philosoph an der Universität Heidelberg. Um 20 Uhr im Baires, Günterstalstr. 37

 

Donnerstag, 14. Februar 2019

Stadtrundgang: Freiburg im Nationalsozialismus

An exemplarischen Stationen wird gezeigt, was in Freiburg nach 1933 passierte, wie die Arisierung organisiert wurde und welche Menschen wo gelebt haben, die ihre Wohn- und Arbeitsstätten verlassen mussten. An der Universität wird vom Rektorat Martin Heideggers im Frühjahr 1933 die Rede sein. Der Rundgang endet gegen 17 Uhr am Platz der Alten Synagoge. E. Imbery führt und kommentiert.

Der Treffpunkt ist um 15.00 Uhr am Basler Hof, Kaiser-Joseph-Straße (gegenüber der Buchhandlung Herder).

 

Donnerstag, 14. Februar 2019

Die schöne Utopie - Zur Kritik an Paul Masons' Buch Postkapitalismus

Die digitale Informationstechnik erfährt derzeit eine sich ebenso ausweitende wie intensivierende Verbreitung. Obwohl diese sich auf Grundlagen vollzieht, die dem 20. Jahrhundert entstammen, erscheint sie als gegenwärtige Revolution, die Anlass zu weitreichenden Spekulationen gibt. Paul Mason tritt mit Postcapitalism als Exponent einer Strömung - der aus libertären wie auch puritanischen Ideenwelten hervorgegangenen kalifornischen Ideologie - auf, die davon ausgeht, dass diese Revolution die sinnlich wahrnehmbare Welt fortschreitend auf den Abdruck einer digitalen Matrix reduziere bzw. eine als präexistent angenommene Matrix freilege. Da eine solche keinem Verschleiß unterliege, seien, sobald dies gegeben sei, Produkte und Leistungen zu Grenzkosten von null zu erstellen. Auf dieser Grundlage breitet er Rezepte aus wie das bedingungslose Grundeinkommen und die »peer production«. Voranbringen soll das alles die »networked humanity«. Die schöne Utopiezeigt die Brüchigkeit der Voraussetzungen auf, von denen Mason ausgeht, um zu einer detaillierten Kritik seiner Vorschläge zu gelangen.

Es spricht Rainer Fischbach (Stuttgart), der als Softwareexperte arbeitet und an der dualen Hochschule Baden-Württemberg lehrt. Er ist Autor dreier Monographien zu Fragen von Technik und Gesellschaft und publiziert u. a. im Makroskop. Um 20 Uhr im Baires, Günterstalstr. 37