Le Sabot – Furchtbare Antisemiten, ehrbare Antizionisten * Rezension zur ISF, Furchtbare Antisemiten, ehrbare Antizionisten

Le Sabot

Furchtbare Antisemiten, ehrbare Antizionisten

Als am 17. Januar 1991 die USA anfing, den Irak zu bombardieren und so den zweiten Golfkrieg begann, erlebte die Friedensbewegung ihren vorläufig letzten Frühling. Hunderttausende gingen auf die Straße, um zu demonstrieren. Kein Blut für Öl, hieß die griffige Parole, mit der der Protest gegen den Angriff der Weltmacht auf den Punkt gebracht werden sollte. Namhafte (Ex-) Linke wie Wolf Biermann und Hans-Magnus Enzensberger verglichen in der Zeit bzw. dem Spiegel Saddam Hussein mit Adolf Hitler und schrieben so ein weiteres, nicht unbedeutendes Kapitel deutscher Geschichtsrelativierung. Zeitgleich distanzierten sich Linke um die Zeitschrift “konkret” von den Protesten der Friedensbewegung. Auch wenn der Golfkrieg von den USA angeführt werde, müsse er verteidigt werden, weil Israel bedroht sei.

Diese Position blieb in eben dieser Linken minoritär. Daß es ausgerechnet Israel war, das von Bagdad mit aus Deutschland geliefertem Giftgas angegriffen wurde, schien kein besonderes Problem darzustellen; auch Christian Ströbeles antisemitische Ausfälle Henryk M. Broder gegenüber nahm man zur Kenntnis, widersprach aber nicht. Der alternative Freiburger Radiosender Radio Dreyeckland ging sogar so weit, einen notorisch antisemitischen Universitätsprofessor zu einem Plauderstündchen einzuladen, um mit ihm einer Meinung über die Rolle Israels zu sein. Anschließende Proteste saßen die Radioten (Zitat der Herausgeber) mehrheitlich aus. Der Golfkrieg ist mittlerweile fast zehn Jahre her, doch in nicht unbeträchtlichen Teilen der Linken gehört der so genannte Antizionismus immer noch zum Repertoire. Insofern hat der Band “Furchtbare Antisemiten, ehrbare Antizionisten” der Initiative Sozialistisches Forum leider nichts an Bedeutung und Aktualität eingebüßt.

In zehn Thesen über die linksdeutsche Ideologie, Israel und den Klassenkampf am falschen Objekt begründen die Herausgeber, inwiefern es sich bei Israel um eine Projektionsfläche deutscher Ideologie handelt, warum Antizionismus schlecht verbrämter Antisemitismus ist und weshalb die populäre Ansicht, Israel sei der Brückenkopf des Imperialismus im Nahen Osten, an der Wirklichkeit und Wahrheit vorbei geht. Im Anschluß daran schildern die Autoren die Vorfälle bei Radio Dreyeckland beispielhaft für die Funktionsweise linken Antisemitismus’ und analysieren an drei Fallstudien die (Nicht-) Aufklärbarkeit der Antizionisten.

Der polemische Ton des Buches ist dabei durchaus angemessen und dürfte nur diejenigen ärgern, die wahlweise etwas gegen die Störung linker Befindlichkeiten haben oder selbst zu denen gehören, die sich partout nicht aufklären lassen wollen – weil Antisemitismus eine Doktrin, eine Weltanschauung ist, die keine Begründung erfordert, weil sie sich selbst Begründung genug ist.

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