Thorsten Fuchshuber

Rackets

Kritische Theorie der Bandenherrschaft

Juni 2019, 674 Seiten, ISBN: 978-3-86259-145-9
Hardcover

36,00 

Das Racket wurde von Max Horkheimer weder als neutrale Strukturkategorie noch als soziologischer Idealtypus begriffen, sondern als dialektisch-anthropologische »Grundform der Herrschaft«.

978-3-86259-145-9 Kategorie:

Beschreibung

Das Racket wurde von Max Horkheimer weder als neutrale Strukturkategorie noch als soziologischer Idealtypus begriffen, sondern als dialektisch-anthropologische »Grundform der Herrschaft«. Zunächst als Kritik des Nationalsozialismus intendiert, sollte sie zugleich die verschiedene Gesellschaften übergreifenden Tendenzen identifizieren, die mit der »steigenden organischen Zusammensetzung des Kapitals« (Marx) wirksam werden, und zwar in politisch höchst unterschiedlichen Formen. Gemein ist den Rackets die Zerstörung und Unterdrückung all jener gesellschaftlichen Vermittlungsinstanzen, die die selbstdestruktive Dynamik des Kapitals in einem gewissen Maße einhegen und damit auch dem aus dieser Dynamik entspringenden antisemitischen Wahn bestimmte Schranken setzen könnten. Indem die Racket-Theorie den Verlust des Scheins der Autonomie des Rechts reflektiert, der sich mit dem Funktionswandel des Rechts in den bürgerlichen Gesellschaften wie mit der Abschaffung des Rechts im Nationalsozialismus vollzog, markiert sie den der nachliberalen Phase der kapitalförmigen Vergesellschaftung angemessenen Begriff des Politischen.

Die Racket-Theorie sollte ein »Dokument unabhängiger Theorie unserer Zeit« werden und auf Initiative von Max Horkheimer in Form einer umfassenden Kollektivarbeit von allen Mitarbeitern des einstigen Frankfurter Instituts für Sozialforschung im US-amerikanischen Exil ausgearbeitet werden. Letztlich jedoch ist die Rackettheorie ein Fragment geblieben. Die vorliegende Arbeit stellt die Entstehungsgeschichte jener theoretischen Grundrisse dar und zeichnet sie als in intensiver Auseinandersetzung mit der Marxschen Kritik der politischen Ökonomie entwickelte Kritik der Gewalt aus. Sie thematisiert den Zusammenhang und die Differenz von Souveränität und prekärer Einheit, die die miteinander rivalisierenden Rackets allenfalls zu bilden imstande sind, sowie die zentrale Bedeutung, die der Antisemitismus dabei hat.

Auch nach dem Sieg der Alliierten über den Nationalsozialismus scheint die Relevanz der Rackettheorie für eine Kritik der spätkapitalistischen Totalität unabgegolten: Gesellschafts- und Staatszerfall äußern sich in verschiedenen Formen, nicht allein in Bandenherrschaft und failed states wie Somalia; so etwa im russischen Racket-Staat und der mit ihm verbundenen „multipolaren Ordnung“, in der Destabilisierung ganzer Länder und Regionen wie im Nahen Osten unter dem führenden Einfluss des Iran. Nicht zuletzt im Fortbestand der antisemitischen Vernichtungsdrohung und im globalen Hass auf Israel kulminiert daher die traurige Aktualität der Racket-Theorie.

Inhalt

  • Einleitung: Philosophieren auf gepackten Koffern
  • Fragment und Einheit
  • Zur Vorgeschichte des Racketbegriffs
    • Vorbemerkung
    • Der Racketbegriff in der Terminologie der US-amerikanischen Juristik und Kriminologie
    • Labor-Racketeering und Anti-Unionismus während des New Deal
    • A nation of racketeers?
  • Der Entstehungskontext der Racket-Theorie
    • Abschied von der île heureuse: Horkheimers literarisches Frühwerk
    • Die Herrschaft der Banden in der Weimarer Republik
    • Die Diskussion über den Nationalsozialismus
  • Der Entwurf einer Theorie der Racketgesellschaft
  • Elemente einer Kritischen Theorie der Racketgesellschaft
    • Vorbemerkung
    • Zum Verhältnis von Racket-Theorie und Kritik der politischen Ökonomie
    • Das sozial atomisierte Individuum als Racketeer
    • Die Rackets und das Recht: Zu einer kritischen Theorie des Staates
    • Antisemitismus in der Racketgesellschaft
  • Ein »einziges entfaltetes Existentialurteil«: Das Racket als Begriff der kritischen Gesellschaftstheorie
  • Zur Aktualität der Racket-Theorie: Staatszerfall, ›Warlordisierung‹ und Autoritarismus
  • Schluss
  • Danksagung
  • Literaturverweise
  • Literaturverzeichnis

Stimmen

»Wer sich mit der Entwicklung der Racket-Theorie bei Adorno und Horkheimer beschäftigen will, dem sei die überarbeitete Dissertation des Politikwissenschaftlers Thorsten Fuchshuber empfohlen.« / Peter Nowak, kritisch-lesen.de

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